15.11.2024
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Dokument-Nr. 1243

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Bundesarbeitsgericht Urteil29.04.2004

Ortszuschlag bei Eingetragener Leben­s­part­ner­schaft

Öffentliche Arbeitgeber müssen Homosexuellen in eingetragenen Leben­s­part­ner­schaften die gleichen Ortszuschläge zahlen wie Verheirateten. Das geht aus einem Urteil des Bundes­a­r­beits­ge­richts hervor.

Der Kläger ist seit Januar 2001 bei der Beklagten beschäftigt. Für das Arbeits­ver­hältnis gilt der Bundes-Angestell­ten­ta­rif­vertrag. Nach diesem Tarifvertrag besteht die Vergütung eines Angestellten aus der Grundvergütung und dem Ortszuschlag. Der Ortszuschlag verfolgt den Zweck, die mit einem bestimmten Familienstand typischerweise verbundenen finanziellen Belastungen auszugleichen. Seine Höhe richtet sich nach den Famili­en­ver­hält­nissen des Angestellten. Ledige und geschiedene Angestellte erhalten den Ortszuschlag der Stufe 1. Verheirateten, verwitweten und geschiedenen Angestellten, die aus der früheren Ehe unter­halts­ver­pflichtet sind, steht der höhere Ortszuschlag der Stufe 2 zu.

Im Oktober 2001 begründete der Kläger mit einer Person gleichen Geschlechts eine Leben­s­part­ner­schaft nach dem am 1. August 2001 in Kraft getretenen Gesetz über die Eingetragene Leben­s­part­ner­schaft (LPartG). Der Kläger hat die Auffassung vertreten, nunmehr könne er wie ein verheirateter Angestellter den höheren Ortszuschlag beanspruchen. Seine darauf gerichtete Zahlungsklage haben die Vorinstanzen abgewiesen.

Die Revision des Klägers hatte vor dem Sechsten Senat des Bundes­a­r­beits­ge­richts Erfolg. Das durch das LPartG geschaffene Rechtsinstitut der Leben­s­part­ner­schaft begründet einen neuen Familienstand. Die damit verbundenen Unter­halts­pflichten entsprechen denen der Ehe. Wie die Ehe ist eine Leben­s­part­ner­schaft eine exklusive, auf Dauer angelegte und durch staatlichen Akt begründete Verant­wor­tungs­ge­mein­schaft, deren vorzeitige Auflösung einer gerichtlichen Entscheidung bedarf. Die Leben­s­part­ner­schaft erfüllt alle Merkmale, an die der Tarifvertrag typisierend den Bezug eines höheren famili­en­stands­be­zogenen Vergü­tungs­be­standteils anknüpft. Dieser Familienstand ist im Stufensystem des Ortszuschlags nicht berücksichtigt. Mit dem Rechtsinstitut der Leben­s­part­ner­schaft und deren famili­en­recht­licher Ausgestaltung durch das LPartG ist die Tarifnorm nachträglich lückenhaft geworden. Die Leben­s­part­ner­schaft ist zwar keine Ehe. Gleichwohl kann die Tariflücke entsprechend dem Regelungs­konzept und dem mit der Gewährung des Ortszuschlags verbundenen Zweck systemkonform nur durch die Gleichstellung von Angestellten, die eine Leben­s­part­ner­schaft eingegangen sind, mit verheirateten geschlossen werden.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 28/04 des BAG vom 29.04.2004, bearbeitet von der ra-online Redaktion

der Leitsatz

1. Das famili­en­stands­be­zogene Stufensystem des Ortszuschlags nach § 29 BAT berücksichtigt den Familienstand der Leben­s­part­ner­schaft nicht. Die tarifliche Regelung ist mit der für die Tarif­ver­trags­parteien nicht absehbaren Einführung des neuen famili­en­recht­lichen Instituts der Eingetragenen Leben­s­part­ner­schaft für gleich­ge­schlechtliche Paare nachträglich lückenhaft geworden.

2. Aus dem Regelungs­konzept und der famili­en­be­zogenen Ausgleichs­funktion des Ortszuschlags ergeben sich ausreichende Anhaltspunkte für den mutmaßlichen Willen der Tarif­ver­trags­parteien, den lückenhaften Tarifvertrag durch die für verheiratete Angestellte geltende Regelung des § 29 Abschnitt B Abs. 2 Nr. 1 BAT zu schließen.

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