In dem zugrunde liegenden Fall ordnete ein Unternehmen für bestimmte Beschäftigte in der Zeit von März bis Dezember 2011 Kurzarbeit an. Die Anordnung erging aufgrund einer entsprechenden Betriebsvereinbarung. Danach galt die Vereinbarung grundsätzlich für alle Beschäftigten im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes. Zugleich wurden aber bestimmte Beschäftigte von der Kurzarbeit ausgenommen. Zudem behielt sich die Arbeitgeberin offen, bestimmte Beschäftigte aufgrund ihrer Aufgabenstellung von der Kurzarbeit auszunehmen. Nachdem der Betriebsrat im Oktober 2011 die Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit fristlos gekündigt hatte, bot ein von der Kurzarbeit betroffener Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung "voll umfänglich per sofort" an. Er hielt die Betriebsvereinbarung ohnehin für unwirksam und erhob schließlich Klage auf Nachzahlung der Differenz zwischen der vereinbarten und der tatsächlich bezogenen Vergütung unter Anrechnung des Kurzarbeitergelds.
Während das Arbeitsgericht Herford der Klage vollumfänglich stattgab, hielt das Landesarbeitsgericht Hamm im Berufungsverfahren die Klage nur für die Zeit von Oktober bis Dezember 2011 für begründet. Gegen diese Entscheidung legte sowohl der Arbeitnehmer als auch die Arbeitgeberin Revision ein.
Das Bundesarbeitsgericht bestätigte die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts und wies daher die Revisionen zurück. Dem Arbeitnehmer habe gemäß § 611 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 615 Satz 1 BGB für die Zeit von Oktober bis Dezember 2011 ein Vergütungsanspruch zugestanden. Nach § 615 Satz 1 BGB könne der Arbeitnehmer die vereinbarte Vergütung verlangen, wenn der Arbeitgeber mit der Annahme der Arbeitsleistung in Verzug komme. So habe der Fall hier für den Zeitraum von Oktober bis Dezember 2011 gelegen.
Ein Arbeitgeber komme nur dann in Annahmeverzug, so das Bundesarbeitsgericht, wenn er im erfüllbaren Arbeitsverhältnis die ihm angebotene Leistung nicht annehme. Grundsätzlich müsse der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung gemäß § 294 BGB tatsächlich anbieten. Jedoch habe in diesem Fall das wörtliche Angebot des Arbeitnehmers vom Oktober 2011 gemäß § 295 BGB genügt, da die Arbeitgeberin durch die Einteilung des Arbeitnehmers zur Kurzarbeit zu erkennen gegeben habe, in dem Zeitraum jede weitere Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nicht annehmen zu wollen.
Ein Anspruch auf Vergütung für den Zeitraum von März bis Oktober 2011 habe nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts nicht bestanden, da sich die Arbeitgeberin in dieser Zeit mangels tatsächlichen oder wörtlichen Angebots des Arbeitnehmers nicht im Annahmeverzug befunden habe. Der Arbeitnehmer sei der Arbeit widerspruchslos ferngeblieben.
Der Annahmeverzug sei nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts nicht durch die angeordnete Kurzarbeit ausgeschlossen gewesen. Denn die entsprechende Betriebsvereinbarung sei mangels Konkretisierung des betroffenen Arbeitnehmerkreises unwirksam gewesen. Eine Betriebsvereinbarung zur Einführung von Kurzarbeit müsse mindestens den Beginn und die Dauer der Kurzarbeit, die Lage und die Verteilung der Arbeitszeit sowie die Auswahl der betroffenen Arbeitnehmer regeln, damit der Arbeitnehmer die sich aus der Vereinbarung ergebenden Rechte und Pflichten zuverlässig erkennen könne. Diesen Mindestanforderungen habe die streitgegenständliche Betriebsvereinbarung nicht genügt. Aus dieser habe sich nicht ergeben, für welche Arbeitnehmer Kurzarbeit angeordnet wird. Vielmehr habe die Arbeitgeberin allein darüber entscheiden können, welche Arbeitnehmer wegen ihrer Aufgabenstellung von der Kurzarbeit ausgenommen werden. Dies sei unzulässig.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 02.02.2017
Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (vt/rb)