18.10.2024
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Sie sehen ein Justizia-Figur und im Hintergrund einen Mann am Telefon.

Dokument-Nr. 30785

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Urteil08.09.2021Bundesarbeitsgericht5 AZR 149/21
Vorinstanz:
  • Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil13.10.2020, 10 Sa 619/19
ergänzende Informationen

Bundesarbeitsgericht Urteil08.09.2021

Zweifel an einer Arbeits­unfähigkeits­bescheinigung die nach einer Kündigung genau den Zeitraum der Kündigungsfrist umfasstEntscheidung des Bundes­arbeitsgerichts zur Erschütterung des Beweiswerts einer Arbeits­unfähigkeits­bescheinigung

Kündigt ein Arbeitnehmer sein Arbeits­ver­hältnis und wird er am Tag der Kündigung arbeitsunfähig krank­ge­schrieben, kann dies den Beweiswert der Arbeits­unfähigkeits­bescheinigung insbesondere dann erschüttern, wenn die bescheinigte Arbeits­un­fä­higkeit passgenau die Dauer der Kündigungsfrist umfasst.

Die Klägerin war bei der Beklagten seit Ende August 2018 als kaufmännische Angestellte beschäftigt. Am 8. Februar 2019 kündigte die Klägerin das Arbeits­ver­hältnis zum 22. Februar 2019 und legte der Beklagten eine auf den 8. Februar 2019 datierte, als Erstbe­schei­nigung gekennzeichnete Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor. Die Beklagte verweigerte die Entgelt­fort­zahlung. Der Beweiswert der Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­nigung sei erschüttert, weil diese genau die Restlaufzeit des Arbeits­ver­hält­nisses nach der Eigenkündigung der Klägerin abdecke. Die Klägerin hat demgegenüber geltend gemacht, sie sei ordnungsgemäß krank­ge­schrieben gewesen und habe vor einem Burn-Out gestanden. Die Vorinstanzen haben der auf Entgelt­fort­zahlung für die Zeit vom 8. Februar bis zum 22. Februar 2019 gerichteten Zahlungsklage stattgegeben.

Ernsthafte Zweifel an Arbeits­un­fä­higkeit

Die vom Senat nachträglich zugelassene Revision der Beklagten hat Erfolg. Die Klägerin hat die von ihr behauptete Arbeits­un­fä­higkeit im Streitzeitraum zunächst mit einer Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­nigung nachgewiesen. Diese ist das gesetzlich vorgesehene Beweismittel. Dessen Beweiswert kann der Arbeitgeber erschüttern, wenn er tatsächliche Umstände darlegt und ggf. beweist, die Anlass zu ernsthaften Zweifeln an der Arbeits­un­fä­higkeit geben. Gelingt das dem Arbeitgeber, muss der Arbeitnehmer substantiiert darlegen und beweisen, dass er arbeitsunfähig war. Der Beweis kann insbesondere durch Vernehmung des behandelnden Arztes nach entsprechender Befreiung von der Schweigepflicht erfolgen. Nach diesen Grundsätzen hat die Beklagte den Beweiswert der Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­nigung erschüttert. Die Koinzidenz zwischen der Kündigung vom 8. Februar zum 22. Februar 2019 und der am 8. Februar bis zum 22. Februar 2019 bescheinigten Arbeits­un­fä­higkeit begründet einen ernsthaften Zweifel an der bescheinigten Arbeits­un­fä­higkeit. Die Klägerin ist im Prozess ihrer Darlegungslast zum Bestehen einer Arbeits­un­fä­higkeit - auch nach Hinweis des Senats - nicht hinreichend konkret nachgekommen. Die Klage war daher abzuweisen.

Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (pm/pt)

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