Bundesarbeitsgericht Urteil09.11.2005
Unklarheiten bei der Auslegung über statische oder dynamische Verweisung auf Tarifvertrag gehen bei Formulararbeitsverträgen zu Lasten des Arbeitgebers
Bei Fehlen einer Tarifbindung des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers kommen nicht für allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge regelmäßig nicht unmittelbar auf das Arbeitsverhältnis zur Anwendung.
Arbeitsverträge verweisen freilich häufig auf den Inhalt von Tarifverträgen. Das ist zulässig. Ob die Arbeitsvertragsparteien eine statische Verweisung allein auf das bei Vertragsabschluss geltende Tarifrecht oder eine dynamische Verweisung auf das jeweils geltende Tarifrecht vereinbart haben, ist durch Auslegung zu ermitteln. Bei der Auslegung von Formulararbeitsverträgen gehen Zweifel zu Lasten des Arbeitgebers.
Nach diesen Grundsätzen hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts den 1997 zwischen einer Krankenschwester und einem privaten Seniorenwohnstift abgeschlossenen Formulararbeitsvertrag ausgelegt. Hier hieß es:
Der Arbeitnehmer erhält folgende Vergütung:
Vergütungsgruppe/-Stufe KR II/3 | = | DM | 2.157,71 |
Ortszuschlag | = | DM | 1.540,53 |
Allgemeine Zulage | = | DM | 155,84 |
DM | 3.854,08 |
Der Senat hat angenommen, der Arbeitgeber schulde trotz der konkret genannten Zahlungsbeträge die jeweilige Vergütung der vereinbarten Vergütungsgruppe und -Stufe einschl. Ortszuschlag und Zulage. Gemeint ist die Vergütungsordnung für das Krankenpflegepersonal des öffentlichen Dienstes im Bundes-Angestelltentarifvertrag. Die dynamische Verweisung umfasst zudem die tarifliche Einmalzahlung, die an die Stelle einer prozentualen Erhöhung der im Arbeitsvertrag genannten Vergütungsbestandteile tritt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 10.11.2005
Quelle: Pressemitteilung Nr. 67/05 des BAG vom 09.11.2005
der Leitsatz
Ist die Tragweite der Verweisung auf Tarifnormen in einem Formulararbeitsvertrag zweifelhaft, geht das nach § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten des Arbeitgebers.