18.10.2024
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Dokument-Nr. 7899

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Urteil20.05.2009Bundesarbeitsgericht4 AZR 230/08
Vorinstanz:
  • Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil22.05.2009, 18 Sa 508/07
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Bundesarbeitsgericht Urteil20.05.2009

BAG zu „anderen Abmachungen“ nach Ablauf eines TarifvertragesOhne Tarif­ge­bun­denheit gilt alter Tarif weiter

Nach Ablauf eines Tarifvertrages gelten laut § 4 Abs. 5 TVG dessen Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden. Über diesen Geset­zes­wortlaut hinaus kann jedoch eine „andere Abmachung“ in Form einer einzel­ver­trag­lichen Vereinbarung, welche die bisherigen Bedingungen aus dem abgelaufenen Tarifvertrag ohne Verstoß gegen das Günstig­keits­prinzip verschlechtern kann, im Einzelfall auch schon vor Ablauf des Tarifvertrages getroffen werden. Sie löst die tariflichen Bestimmungen aber nur dann ab, wenn sie konkret und zeitnah vor dem bevorstehenden Ablauf des Tarifvertrages die sich dann aufgrund der Nachwirkung ergebende Situation regelt. Die entschied das Bundes­a­r­beits­gericht.

In dem zugrun­de­lie­genden Fall machte eine gewerk­schaftlich organisierte Klägerin u.a. Rechte aus einem Mantel­ta­rif­vertrag (MTV) geltend, der im Juli 2003 auf unbestimmte Zeit mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten zum Quartal abgeschlossen worden war. Die beklagte Arbeitgeberin war langjährig Vollmitglied eines am Tarifabschluss beteiligten Arbeit­ge­ber­ver­bandes, wechselte dort aber zum 1. November 2004 in eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung (OTMit­glied­schaft). Am 1. März 2005 vereinbarten die Parteien eine Änderung ihres Arbeits­ver­trages zum 1. April 2005 u.a. mit einer Verlängerung der im MTV vorgesehenen regelmäßigen Arbeitszeit ohne Lohnausgleich und einer Verkürzung des dort festgelegten tariflichen Mindesturlaubs um zwei Tage. Der MTV wurde dann Ende Oktober 2005 zum 31. März 2006 gekündigt. Mit ihrer Klage verlangte die Klägerin die Bezahlung der über die tarifliche Arbeitszeit hinausgehenden Arbeitsstunden zwischen Januar und Juni 2006 sowie die Nachgewährung der zwei Tage Jahresurlaub 2006.

Die Klage hatte im hier behandelten Teil Erfolg. Bis zum 31. März 2006 galt der Mantel­ta­rif­vertrag für die Parteien noch kraft beiderseitiger Tarif­ge­bun­denheit zwingend. Seine Festlegungen konnten durch Vertrag nicht verschlechtert werden. Danach wirkte er zwar nur noch nach, war also durch eine „andere Abmachung“ auch zu Lasten der Klägerin abänderbar. Die Vereinbarung vom 1. März 2005 war indes keine solche andere Abmachung. Sie war nicht für eine bevorstehende Nachwir­kungsphase getroffen worden, sondern sollte die Rechtslage sofort - während noch laufenden Tarifvertrages - ändern und dies zu einem Zeitpunkt, zu dem noch gar nicht absehbar war, ob und wann es zu einer Nachwirkung des MTV kommen würde.

Den wegen weiterer Klage­for­de­rungen entschei­dungs­er­heb­lichen Wechsel der Beklagten in die OT-Mitgliedschaft hat der Senat trotz sehr allgemein gehaltener Regelungen zur Trennung der Befugnisse von OT- und Vollmitgliedern als wirksam angesehen. In einem solchen Fall kann es zwar möglicherweise neben dem Satzungs­wortlaut zur Feststellung des erforderlichen Gleichlaufs von Verant­wort­lichkeit und Betroffenheit auch auf eine davon etwa abweichende Praxis des Vereinslebens ankommen. Da hierfür keine Anhaltspunkte dargelegt waren, musste der Senat dem nicht weiter nachgehen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 48/09 des BAG vom 20.05.2009

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