21.11.2024
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Dokument-Nr. 3495

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Bundesarbeitsgericht Urteil12.12.2006

Nachträglicher Einbehalt der Beiträge zur gesetzlichen Kranken­ver­si­cherung bei Betriebsrenten zulässigKein Verstoß gegen den Gleichheitssatz

Auch Betriebsrenten sind beitrags­pflichtige Einnahmen zur gesetzlichen Kranken­ver­si­cherung (§ 229 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Die jeweilige Zahlstelle hat die Beiträge einzubehalten und an die zuständige Krankenkasse zu zahlen (§ 256 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Ist bei der Zahlung der Betriebsrente die Einbehaltung von Beiträgen unterblieben, sind die rückständigen Beiträge von der Zahlstelle aus der weiterhin zu zahlenden Betriebsrente einzubehalten (§ 256 Abs. 2 Satz 1, § 255 Abs. 2 Satz 1 SGB V).

Die Klägerin bezieht von der Beklagten seit Januar 1993 Hinter­blie­be­nenrente. Dies zeigte die Beklagte der Krankenkasse der Klägerin mit Schreiben von Februar 1993 und April 1993 sowie mit monatlichen Meldungen im Rahmen der maschinellen Abwicklung des sog. Zahlstel­len­ver­fahrens an. Mit Beitrags­be­scheid vom Mai 2003 sowie mit Schreiben vom Juli 2003 forderte die Krankenkasse von der Beklagten die Abführung von Kranken­ver­si­cherungs- und Pflege­ver­si­che­rungs­bei­trägen für die Zeit ab dem 5. Januar 1993. Die Beklagte führte daraufhin insgesamt 1.804,85 Euro Beiträge zur Kranken- und Pflege­ver­si­cherung für die Zeit vom 1. Dezember 1998 bis 31. Dezember 2002 von den laufenden Leistungen der Hinter­blie­be­nen­bezüge der Klägerin an die Krankenkasse ab. Die Einbehalte erfolgten von den Bezügen der Klägerin für die Zeit von Oktober 2003 bis Mai 2004 in Höhe von jeweils 222,77 Euro und für Juni 2004 in Höhe eines Restbetrags von 22,69 Euro.

Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin die Auszahlung dieser Einbehalte. Sie ist der Ansicht, die Beklagte habe das Recht auf Einbehalt verwirkt. Ihre Versor­gungs­bezüge seien zudem unpfändbar. Jedenfalls gebiete der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 GG die Anwendung von § 28 g SGB IV auch auf den Beitragsabzug im Versor­gungs­ver­hältnis. Gemäß § 28 g SGB IV darf ein unterbliebener Beitragsabzug im laufenden Arbeits­ver­hältnis nur bei den nächsten drei Lohn- oder Gehalts­zah­lungen nachgeholt werden. Die Beklagte vertritt die Auffassung, die Klageforderung sei durch Aufrechnung erloschen. Ihr Recht auf Einbehalt sei nicht verwirkt.

Dem hat das Bundes­a­r­beits­gericht - wie auch schon die Vorinstanzen - zugestimmt.

Anders als nach § 28 g SGB IV ist der nachträgliche Einbehalt zeitlich nicht begrenzt. Nach § 28 g Satz 3 SGB IV darf ein unterbliebener Abzug des vom Arbeitnehmer zu tragenden Teils des Gesamt­ver­si­che­rungs­beitrags vom Arbeitsentgelt grundsätzlich nur bei den drei nächsten Lohn- oder Gehalts­zah­lungen nachgeholt werden, danach nur dann, wenn der Abzug ohne Verschulden des Arbeitgebers unterblieben ist. Diese Unterscheidung verstößt nicht gegen den verfas­sungs­recht­lichen Gleichheitssatz (Art. 3 GG). Auf diesem Wege wird verhindert, dass die Arbeitnehmer das Risiko tragen, wenn sie von ihrem Arbeitgeber fälsch­li­cherweise als Selbständige behandelt werden. Eine vergleichbare Interessenlage besteht bei Betrie­bs­rentnern aber nicht.

Erläuterungen

Vorinstanz

Landes­a­r­beits­gericht Hamm, Urteil vom 21. Juni 2005 - 6 Sa 292/05 -

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 80/06 des BAG vom 12.12.2006

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