21.11.2024
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Dokument-Nr. 5755

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Bundesarbeitsgericht Urteil13.03.2008

Vor Außer­or­dent­licher Verdachts­kün­digung muss Arbeitnehmer Chance auf Anhörung haben

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundes­a­r­beits­ge­richts kann nicht nur die vollendete Tat, sondern auch der schwerwiegende Verdacht einer strafbaren Handlung oder sonstigen schweren Pflicht­ver­letzung einen wichtigen Grund zur außer­or­dent­lichen Kündigung bilden. Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer vor Ausspruch der Kündigung zu den gegen ihn bestehenden Verdachts­mo­menten anhören. In der Anhörung muss er den Arbeitnehmer über den erhobenen Vorwurf so unterrichten, dass der Arbeitnehmer dazu Stellung nehmen kann. Dabei sind keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Weiß der Arbeitnehmer, hinsichtlich welcher Straftaten der Verdacht beim Arbeitgeber besteht, so ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, solange abzuwarten, bis der Arbeitnehmer die Ermitt­lungsakten der Staats­an­walt­schaft eingesehen hat.

In dem vom Bundes­a­r­beits­gericht entschiedenen Fall hatte der Arbeitgeber die fristlose Kündigung auf den Verdacht gestützt, der Kläger habe zwischen dem 14. September 2001 und dem 9. April 2003 an den Fahrzeugen von Kolleginnen in elf Fällen die Reifen aufgeschlitzt. Die Kolleginnen hatten sich zuvor kritisch über die Tätigkeit des Klägers geäußert. Auf ihre Strafanzeige hin installierte die Polizei eine Video­über­wa­chungs­anlage. Die Kolleginnen gaben an, den Kläger in der Video­auf­zeichnung erkannt zu haben. Bei der Beklagten war zwischen dem 14. und 20. Juli 2003 eine entsprechende Ermittlungsakte eingegangen. Mit Schreiben vom 14. Juli unterrichtete die Beklagte den Kläger über ihre Kündi­gungs­absicht. Dem Kläger waren die in Betracht kommenden Tattage aus einem früher gegen ihn ergangenen Durch­su­chungs­befehl bekannt. Nach Rückkehr aus seinem Urlaub teilte der Kläger der Beklagten am 22. August mit, er wolle sich zu den Vorwürfen nicht äußern. Daraufhin sprach die Beklagte die außer­or­dentliche Kündigung aus. Der Kläger, der im Strafverfahren rechtskräftig mit der Begründung freigesprochen wurde, zwar glaube das Gericht, dass er die Taten begangen habe, habe jedoch letzte, geringe Zweifel, hat sich gegen die Kündigung gewandt. Er sei zu den Vorwürfen nicht ausreichend angehört worden, weil ihm die Ermittlungsakte nicht vorgelegen habe. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben.

Die Revision der Beklagten vor dem Bundes­a­r­beits­gericht hatte Erfolg. Sie führte zur Aufhebung des vorin­sta­nz­lichen Urteils und zur Zurück­ver­weisung der Sache an das Berufungs­gericht. Gegen den Kläger bestand der schwerwiegende, auf objektive Tatsachen gegründete Verdacht, seine Kolleginnen durch das Aufschlitzen der Reifen vorsätzlich geschädigt zu haben. Dies stellt einen wichtigen Grund zur außer­or­dent­lichen Kündigung dar. Der Kläger ist vor der Kündigung in ausreichendem Maße angehört worden. Er wusste, was ihm vorgeworfen wurde und konnte sich zu den Vorwürfen äußern. Die Ermittlungsakte der Staats­an­walt­schaft brauchte er dazu nicht. Wegen noch unaufgeklärter formeller Fragen wurde der Rechtsstreit an das Landes­a­r­beits­gericht zurückverwiesen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 21/08 des BAG vom 13.03.2008

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