18.10.2024
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Sie sehen ein Justizia-Figur und im Hintergrund einen Mann am Telefon.

Dokument-Nr. 25727

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Urteil19.07.2016Bundesarbeitsgericht2 AZR 536/15
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • BB 2017, 830Zeitschrift: Betriebs-Berater (BB), Jahrgang: 2017, Seite: 830
  • NJW 2017, 346Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2017, Seite: 346
  • NJW-Spezial 2017, 51Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2017, Seite: 51
  • NZA 2017, 121Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA), Jahrgang: 2017, Seite: 121
  • ZIP 2017, 296Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (ZIP), Jahrgang: 2017, Seite: 296
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Vorinstanzen:
  • Arbeitsgericht Frankfurt/Oder, Urteil04.03.2015, 5 Ca 1616/14
  • Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil10.07.2015, 8 Sa 531/15
ergänzende Informationen

Bundesarbeitsgericht Urteil19.07.2016

BAG: Doppelter Abfin­dungs­an­spruch eines Arbeitnehmers nach betrie­bs­be­dingter KündigungVon gesetzlichem Abfin­dungs­an­spruch abweichendes Abfin­dungs­angebot muss deutlich als abweichendes Angebot erkennbar sein

Macht der Arbeitgeber ein vom Abfin­dungs­an­spruch nach § 1 a Abs. 1 des Kündigungs­schutz­gesetzes (KSchG) abweichendes Abfin­dungs­angebot, so muss dies deutlich als abweichendes Angebot erkennbar sein. Andernfalls steht dem Arbeitnehmer ein doppelter Abfin­dungs­an­spruch zu. Dies hat das Bundes­arbeits­gericht entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Februar 2014 erhielt ein Arbeitnehmer eine betrie­bs­be­dingte Kündigung. In dem Kündi­gungs­schreiben verwies der Arbeitgeber auf den Abfin­dungs­an­spruch des § 1 a Abs. 1 KSchG und dessen Voraussetzungen. Der Arbeitnehmer erhielt aufgrund der Kündigung entsprechend einer mit dem Betriebsrat und dem Arbeitgeber geschlossenen Vereinbarung als "Inter­es­sens­aus­gleich" eine Abfindung in Höhe von 86.300 EUR. Nach Erhalt der Zahlung verlangte der Arbeitnehmer aber noch die Abfindung nach § 1 a Abs. 1 KSchG. Der Arbeitgeber wies dieses Ansinnen zurück und verwies darauf, dass der Arbeitnehmer die Abfindung nur einmal beanspruchen könne. Der Arbeitnehmer sah dies anders und erhob Klage. Das Arbeitsgericht Frankfurt (Oder) und das Landes­a­r­beits­gericht Berlin-Brandenburg gaben der Klage statt. Dagegen richtete sich die Revision des Arbeitgebers.

Anspruch auf doppelte Abfindung

Das Bundes­a­r­beits­gericht bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies daher die Revision des Arbeitgebers zurück. Dem Arbeitnehmer stehe der Abfin­dungs­an­spruch aus § 1 a Abs. 1 KSchG zu, obwohl er bereits eine Abfindung gemäß der Vereinbarung erhalten hatte. Gemäß der Vorschrift bestehe ein Abfin­dungs­an­spruch, wenn das Arbeits­ver­hältnis aufgrund einer betrie­bs­be­dingten Kündigung beendet wird und der Arbeitnehmer keine Kündigungsschutzklage erhebt. Beide Voraussetzungen lagen hier vor.

Unzureichende Erkennbarkeit als abweichendes Angebot

Der Arbeitgeber habe nach Ansicht des Bundes­a­r­beits­ge­richts nicht deutlich gemacht, dass die Abfindung gemäß der Vereinbarung ein von dem gesetzlichen Abfin­dungs­an­spruch abweichendes Angebot darstelle. Im Kündi­gungs­schreiben habe jeglicher Hinweis auf die Abfin­dungs­re­gelung gemäß der Vereinbarung gefehlt. Zwar sei eine Doppelung der Abfindung ungewöhnlich. Allerdings brauche der Arbeitnehmer über die Motive des Arbeitgebers nicht rätseln. Der Arbeitnehmer habe es für möglich halten dürfen, dass der Arbeitgeber für die durch die Nichterhebung der Kündi­gungs­schutzklage erlangte Rechts­si­cherheit einen weiteren Abfin­dungs­betrag gewähren wollte.

Keine Anrechnung der Abfindungen

Die nach der Vereinbarung erlangte Abfindung werde auch nicht auf die Abfindung gemäß § 1 a Abs. 1 KSchG angerechnet, so das Bundes­a­r­beits­gericht. Dies scheide aufgrund der unter­schied­lichen Leistungszwecke der beiden Abfindungen aus. Bei der Abfindung gemäß der Vereinbarung handele es sich um eine Leistung nach § 112 Abs. 1 Satz 2 des Betrie­bs­ver­fas­sungs­ge­setzes. Diese diene ausschließlich dem Ausgleich der mit dem Verlust des Arbeitsplatzes verbundenen wirtschaft­lichen Nachteile. Die Abfindung nach § 1 a Abs. 1 KSchG diene dagegen der Erleichterung einer Kündigung.

Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (vt/rb)

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