18.10.2024
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Sie sehen ein Justizia-Figur und im Hintergrund einen Mann am Telefon.

Dokument-Nr. 1230

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Bundesarbeitsgericht Urteil25.03.2004

Außer­or­dentliche Kündigung wegen sexueller Belästigung am Arbeitsplatz

Die sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz vom Chef (hier: Chefarzt) kann eine fristlose Kündigung des Vorgesetzten (hier: Krankenhaus) rechtfertigen. Das hat das Bundes­a­r­beits­gericht Erfurt entschieden. Allerdings muss der sexuelle Kontakt von den Betroffenen erkennbar abgelehnt werden. Wurde das getan, stellt die schwerwiegende Pflicht­ver­letzung einen wichtigen Grund dar, auf eine vorherige Abmahnungen zu verzichten.

Nach § 2 Abs.2 Satz 1 Beschäf­tig­ten­schutz­gesetz (BSchG) ist eine sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz jedes vorsätzliche, sexuell bestimmte Verhalten, das die Würde von Beschäftigten am Arbeitsplatz verletzt. Nach Satz 2 Nr. 2 dieser Norm gehören dazu sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie das Zeigen und sichtbare Anbringen porno­gra­phischer Darstellungen, die von den Betroffenen erkennbar abgelehnt werden. Durch eine solche sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz verletzt der Arbeitnehmer nach § 2 Abs.3 BSchG seine arbeits­ver­trag­lichen Pflichten. Deshalb kann die sexuelle Belästigung einer Arbeitnehmerin an ihrem Arbeitsplatz durch einen Vorgesetzten eine außer­or­dentliche Kündigung aus wichtigem Grund nach § 626 Abs.1 BGB an sich rechtfertigen. Dabei sind der Umfang und die Intensität der sexuellen Belästigung zu berücksichtigen.

Der 52-jährige Kläger war seit 1972 bei der Beklagten bzw. der Rechts­vor­gängerin als Schwer­punk­t­rei­se­leiter beschäftigt. Im Mai 1998 kam es während einer Dienstreise zu mehrfachen sexuellen Kontakten zwischen dem Kläger und einer ihm unterstellten, damals 25 Jahre alten Reiseleiterin. Hierüber informierte die Reiseleiterin im Juni 1999 die Beklagte. Deshalb kündigte die Beklagte das Arbeits­ver­hältnis des Klägers Anfang Juni 1999 außerordentlich mit sozialer Auslauffrist zum 20.Juni 1999, hilfsweise fristgemäß zum 31.Januar 2000. Die vom Kläger mit dem Hinweis erhobene Kündi­gungs­schutzklage, die Reiseleiterin sei mit den sexuellen Handlungen einverstanden gewesen, haben die Vorinstanzen abgewiesen.

Die vom Landes­a­r­beits­gericht zugelassene Revision hatte vor dem Zweiten Senat Erfolg. Die zwischen dem Kläger und der Reiseleiterin erfolgten sexuellen Handlungen würden nur dann eine außer­or­dentliche Kündigung des Arbeits­ver­hältnis rechtfertigen, wenn feststünde, die Reiseleiterin habe diese für den Kläger erkennbar abgelehnt. Hierzu fehlten aber hinreichende Feststellungen der Vorinstanzen. Dementsprechend musste der Rechtsstreit zur weiteren Sachaufklärung an das Landes­a­r­beits­gericht zurückverwiesen werden.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 19/04 des BAG vom 25.03.2004

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