21.11.2024
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Sie sehen ein Justizia-Figur und im Hintergrund einen Mann am Telefon.

Dokument-Nr. 13675

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Urteil21.06.2012Bundesarbeitsgericht2 AZR 153/11
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • BAGE 142, 176Sammlung: Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (BAGE), Band: 142, Seite: 176
  • CR 2012, 795Zeitschrift: Computer und Recht (CR), Jahrgang: 2012, Seite: 795
  • DB 2012, 2227Zeitschrift: Der Betrieb (DB), Jahrgang: 2012, Seite: 2227
  • ITRB 2012, 266Zeitschrift: Der IT-Rechts-Berater (ITRB), Jahrgang: 2012, Seite: 266
  • JuS 2013, 171 (Burkhard Boemke)Zeitschrift: Juristische Schulung (JuS), Jahrgang: 2013, Seite: 171, Entscheidungsbesprechung von Burkhard Boemke
  • MDR 2012, 1233Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2012, Seite: 1233
  • NJW 2012, 3594Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2012, Seite: 3594
  • NZA 2012, 1025Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA), Jahrgang: 2012, Seite: 1025
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Vorinstanz:
  • Landesarbeitsgericht Köln, Urteil18.11.2010, 6 Sa 817/10
ergänzende Informationen

Bundesarbeitsgericht Urteil21.06.2012

Kündigung wegen Entwendung von Zigaret­ten­pa­ckungen auch bei langer Betriebs­zugehörigkeit sozial gerechtfertigtProzessuale Verwendung von Beweismaterial aus verdeckter Video­über­wachung nicht ohne weiteres zulässig

Entwendet eine Verkäuferin Zigaret­ten­pa­ckungen aus dem Warenbestand des Arbeitgebers, kann dies auch nach längerer Betriebs­zugehörigkeit eine Kündigung des Arbeits­verhältnisses rechtfertigen. Führte eine verdeckte Video­über­wachung zur Überführung der Täterin, kann das auf diese Weise gewonnene Beweismaterial im Bestreitensfall prozessual allerdings nicht ohne weiteres verwertet werden. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­arbeits­gerichts hervor.

Die Beklagte des zugrunde liegenden Falls ist ein bundesweit tätiges Einzel­han­dels­un­ter­nehmen. Die Klägerin war bei ihr seit bereits zehn Jahren, zuletzt als stell­ver­tretende Filialleiterin, beschäftigt. Für drei Wochen im Dezember 2008 installierte die Beklagte mit Zustimmung des Betriebsrats verdeckte Videokameras in den Verkaufsräumen. Sie hat geltend gemacht, es habe der Verdacht bestanden, dass auch Mitar­bei­ter­die­b­stähle zu hohen Inven­tur­dif­fe­renzen beigetragen hätten.

Angestellte bestreitet Zigaret­ten­die­bstahl

Auf dem Mitschnitt sei zu sehen, wie die Klägerin bei zwei Gelegenheiten jeweils zumindest eine Zigaret­ten­packung aus dem Warenbestand entwendet habe. Die Beklagte kündigte das Arbeits­ver­hältnis fristlos, hilfsweise fristgerecht. Die Klägerin hat bestritten, Zigaretten entwendet zu haben.

LAG weist Klage gegen ordentliche Kündigung ab

Nach Einnahme des Augenscheins in die Video­auf­zeich­nungen hat das Landes­a­r­beits­gericht den Kündi­gungs­vorwurf als erwiesen erachtet und die Klage gegen die ordentliche Kündigung abgewiesen.

LAG muss Voraussetzungen für prozessuale Verwertung der Video­auf­zeich­nungen klären

Das Bundes­a­r­beits­gericht hat die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben, soweit diese die Kündi­gungs­schutzklage der Verkäuferin betraf und die Sache zur weiteren Aufklärung an das Landes­a­r­beits­gericht zurückverwiesen. Zwar ist die Würdigung des Landes­a­r­beits­ge­richts nicht zu beanstanden, die - allein noch im Streit stehende - ordentliche Kündigung sei nach dem zugrunde gelegten Sachverhalt sozial gerechtfertigt. Es steht aber noch nicht fest, ob die Voraussetzungen für eine prozessuale Verwertung der Video­auf­zeich­nungen gegeben sind.

Verdeckte Video­über­wachung nur bei Vorliegen eines konkreten Verdachts der strafbaren Handlung oder schweren Verfehlungen zu Lasten des Arbeitgebers zulässig

Nach Ausführungen des Bundes­a­r­beits­ge­richts kann das durch eine verdeckte Videoüberwachung gewonnene Beweismaterial, das zur Überführung einer Täterin führt, prozessual nicht ohne Weiteres verwertet werden. Das entsprechende Interesse des Arbeitgebers hat gegenüber dem Schutz des infor­ma­ti­o­nellen Selbst­be­stim­mungs­rechts der Arbeitnehmerin nur dann höheres Gewicht, wenn die Art der Infor­ma­ti­o­ns­be­schaffung trotz der mit ihr verbundenen Persön­lich­keits­be­ein­träch­tigung als schutzbedürftig zu qualifizieren ist. Dies ist bei verdeckter Video­über­wachung nur dann der Fall, wenn der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers bestand, es keine Möglichkeit zur Aufklärung durch weniger einschneidende Maßnahmen (mehr) gab und die Video­über­wachung insgesamt nicht unver­hält­nismäßig war. Unter diesen strengen Voraussetzungen wiederum stehen Vorschriften des Bundes­da­ten­schutz­ge­setzes (BDSG) der verdeckten Video­über­wachung auch an öffentlich zugänglichen Arbeitsplätzen nicht entgegen. Zwar bestimmt § 6 b Abs. 2 BDSG, dass bei Video­auf­zeich­nungen in öffentlich zugänglichen Räumen der Umstand der Beobachtung und die verantwortliche Stelle erkennbar zu machen sind. Bei einem Verstoß gegen diese Pflicht wird aber nicht jedwede Video­über­wa­chungs­maßnahme an öffentlich zugänglichen Arbeitsplätzen per se unzulässig.

Quelle: Bundesarbeitsgericht/ra-online

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