15.11.2024
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Dokument-Nr. 1779

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Bundesarbeitsgericht Urteil12.01.2006

Änderungs­kün­digung zur Entgeltsenkung nur bei dringendem betrieblichen Erfordernis sozial gerechtfertigtBAG zu den Voraussetzungen einer Änderungs­kün­digung zur Entgeltsenkung

Eine Änderungs­kün­digung zur Entgeltsenkung ist nicht allein deshalb sozial gerechtfertigt, weil eine neue gesetzliche Regelung die Möglichkeit vorsieht, durch Partei­ver­ein­barung einen geringeren (tariflichen) Lohn festzulegen, als er dem Arbeitnehmer bisher gesetzlich oder vertraglich zustand.

Nach § 9 Nr. 2 AÜG in der zur Zeit der Kündigung geltenden Fassung sind Vereinbarungen unwirksam, die für den Leiha­r­beit­nehmer ein geringeres Entgelt vorsehen, als es vergleichbaren Arbeitnehmern des Entleihers gezahlt wird (equal-pay- Gebot). Ein Tarifvertrag kann abweichende Regelungen zulassen. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren. Lehnt der betroffene Arbeitnehmer es ab, im Gegensatz zu der bisherigen Vertrags­ge­staltung die Anwendung eines Tarifvertrages zu vereinbaren, der eine geringere als die im Entlei­her­betrieb maßgebliche Vergütung vorsieht, so rechtfertigt dies allein noch nicht nach § 2, § 1 Abs. 2 KSchG eine Änderungs­kün­digung. Eine betrie­bs­be­dingte Änderungs­kün­digung zur Entgeltsenkung, die nachhaltig in das arbeits­ver­tragliche Verhältnis von Leistung und Gegenleistung eingreift, setzt ein dringendes betriebliches Erfordernis voraus, das einer Weiter­be­schäf­tigung des Arbeitnehmers zu unveränderten Bedingungen entgegensteht. Das bloße Bestreben des Arbeitgebers, der mit anderen Arbeitnehmern entsprechende Vereinbarungen getroffen hat, zur Verein­heit­lichung der Arbeits­be­din­gungen im Betrieb reicht hierfür nicht aus.

Die Beklagte betreibt gewerbsmäßige Arbeit­neh­mer­über­lassung. Die Klägerin war bei ihr seit dem 1. September 2002 befristet bis 31. August 2004 als Leiha­r­beit­nehmerin beschäftigt. Sie wurde als Dozentin bei der G-GmbH eingesetzt. Diese bezahlt die bei ihr tätigen Arbeitnehmer nach dem Bundes-Angestell­ten­ta­rif­vertrag in der für die Evangelische Kirche im Rheinland geltenden Fassung (BAT-KF). Mit der Klägerin war zuletzt ein Brutto­mo­nats­gehalt von 2.660,00 Euro vereinbart. Eine Vergütung nach dem BAT-KF hätte nach Berechnung der Klägerin etwa 400,00 Euro höher gelegen. Durch Änderungs­kün­digung vom 21. Januar 2004 bot die Beklagte der nicht tarifgebundenen Klägerin eine Änderung der Arbeits­be­din­gungen an. Danach sollten in Zukunft die Tarifverträge des Inter­es­sen­ver­bandes deutscher Zeita­r­beits­un­ter­nehmen anwendbar sein, was zu einer Verringerung der Vergütung der Klägerin auf 2.297,39 Euro geführt hätte. Diesen Verlust gegenüber der vereinbarten Vergütung von 2.660,00 Euro wollte die Beklagte durch eine verrechenbare Besitz­stands­zulage ausgleichen.

Die Klägerin hat geltend gemacht, das Änderungs­angebot führe trotz der Besitz­stands­zulage zu einer erheblichen Kürzung ihres gesetzlichen Entgel­t­an­spruchs entsprechend dem BATKF. Diese sei sozial nicht gerechtfertigt. Die Beklagte hat geltend gemacht, sie habe ein wirtschaft­liches Interesse, die Tarifverträge in alle Arbeitsverträge zu übernehmen und damit die Arbeits­be­din­gungen im Betrieb einheitlich zu gestalten. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landes­a­r­beits­gericht hat ihr stattgegeben. Die Revision der Beklagten blieb erfolglos. Das Bundes­a­r­beits­gericht ist dem Landes­a­r­beits­gericht in der Begründung gefolgt, die Beklagte habe kein hinreichend dringendes betriebliches Erfordernis zur Änderung der Arbeits­be­din­gungen der Klägerin dargelegt.

Erläuterungen
Vorinstanz:

LAG Düsseldorf, Urteil vom 22. Februar 2005 - 8 Sa 1756/04 -

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 02/06 des BAG vom 12.01.2006

der Leitsatz

Eine Änderungs­kün­digung zur Entgeltsenkung ist nicht allein deshalb sozial gerechtfertigt, weil eine neue gesetzliche Regelung die Möglichkeit vorsieht, durch Partei­ver­ein­barung einen geringeren (tariflichen) Lohn festzulegen, als er dem Arbeitnehmer bisher gesetzlich oder vertraglich zustand.

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