24.11.2024
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Dokument-Nr. 415

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Entscheidung21.04.2005Bundesarbeitsgericht2 AZR 125/04
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Bundesarbeitsgericht Entscheidung21.04.2005

Keine außer­or­dentliche Kündigung eines langjährig befristeten Arbeits­ver­trages wegen schlechter Haushaltslage einer Stadtgemeinde, die durch Erbschaft Arbeitgeberin geworden ist

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin rechtlich als Arbeitnehmerin anzusehen ist. Außerdem macht die Klägerin die Unwirksamkeit zweier von der Beklagten erklärter Kündigungen sowie Gehalts­ansprüche geltend. Die Klägerin ist Ärztin mit dem Spezialgebiet Chinesische Medizin. Zu ihren Patienten zählte der betagte Unternehmer K. Dieser überließ ihr ein Haus, in dem sie ein Therapiezentrum für Naturheilkunde, Schmerztherapie und fernöstliche Medizin einrichten sollte. Im Jahre 1999 schlossen die Klägerin und der damals 89-jährige Herr K., die zwischen­zeitlich gerichtliche Ausein­an­der­set­zungen geführt hatten, einen bis zum 15. März 2008 befristeten "Arbeitsvertrag". Danach sollte die Klägerin gegen eine monatliche Vergütung von 6.900,00 DM bei einer Woche­n­a­r­beitszeit von 25 Stunden als "Manager und Hausverwalter" tätig sein und die Leitung und Führung des - nach K. benannten - "K.-Hauses" ärztlich beraten. Der Vertrag sollte nicht durch Tod der Vertrags­parteien enden. Nachdem zunächst Herr K. und dann seine Ehefrau, die den Arbeitsvertrag mit der Klägerin durch gerichtlichen Vergleich bestätigte, verstorben waren, erbte die als Alleinerbin eingesetzte beklagte Stadt N. das Vermögen K’s. Sie kündigte im September 2001 das Arbeits­ver­hältnis mit der Klägerin außerordentlich und ordentlich. Sie ist der Ansicht, bei dem 1999 zwischen Herrn K. und der Klägerin geschlossenen Vertrag habe es sich nicht um einen Arbeitsvertrag, sondern um ein Scheingeschäft gehandelt. Jedenfalls habe sie ua. wegen dramatisch schlechter Haushaltslage außerordentlich kündigen können. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben.

Die Revision der Beklagten vor dem Bundes­a­r­beits­gericht blieb erfolglos. Die Klägerin ist Arbeitnehmerin. Ein Dienst­ver­hältnis, das von den vertrag­s­chlie­ßenden Parteien als Arbeitsvertrag bezeichnet wird und auch vertraglich dementsprechend ausgestaltet ist, ist in der Regel auch rechtlich als Arbeits­ver­hältnis anzusehen. Dass Herr K. und die Klägerin in Wahrheit etwas anderes als ein Arbeits­ver­hältnis gewollt oder praktiziert hätten, ist nach den Tatsa­chen­fest­stel­lungen der Vorinstanzen nicht anzunehmen. Unstreitig hat die Klägerin sich um den Ausbau des "K.-Hauses" gekümmert und ua. einen "Zen-Garten" angelegt und damit Leistungen erbracht. Die arbeits­ver­trag­lichen Verpflichtungen sind als Teil des Erbes auf die beklagte Stadt übergegangen. Da ein befristeter Arbeitsvertrag mangels anderer Vereinbarung nicht ordentlich gekündigt werden kann, konnte die Beklagte das Arbeits­ver­hältnis nur außerordentlich kündigen. Hierzu hätte es jedoch eines wichtigen Grundes bedurft, der nicht vorlag. Weder die "dramatisch verschlechterte" Haushaltslage noch der Umstand, dass die Beklagte die seinerzeit zwischen Herrn K. und der Klägerin getroffenen Vereinbarungen als unrealistisch und die Klägerin begünstigend einschätzt, rechtfertigen die außer­or­dentliche Kündigung. Die Beklagte hatte die Möglichkeit, das Erbe auszuschlagen oder ihre Haftung auf den Wert der Erbschaft zu beschränken. Sie war also nicht gezwungen, die von ihr als unzweckmäßig angesehene vertragliche Verpflichtung und etwa daraus resultierende wirtschaftliche Nachteile zu übernehmen.

Vorinstanz: Landes­a­r­beits­gericht Nürnberg, Urteil vom 12. Januar 2004 - 9 (2) Sa 653/02 -

Quelle: Pressemitteilung Nr. 23/05 des BAG vom 21.04.2005

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