18.10.2024
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Sie sehen ein Justizia-Figur und im Hintergrund einen Mann am Telefon.

Dokument-Nr. 33822

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Bundesarbeitsgericht Urteil13.03.2024

Keine Auskunfts­ansprüche gegen gemeinsame Einrichtungen der Tarif­vertrags­parteienRevision erfolglos

Maßnahmen der Öffentlichkeits­arbeit, die gemeinsame Einrichtungen der Tarif­vertrags­parteien im Rahmen ihrer satzungsgemäßen Aufgaben vornehmen, können lt. BAG keine Auskunfts­ansprüche nicht mitglied­s­chaftlich verbundener Dritter in Bezug auf die insoweit entstandenen Kosten begründen

Die Kläger begehren von den Beklagten Auskünfte über die Kosten für einen Messeauftritt, einen Imagefilm sowie das sog. Malerkassenlied. Der Kläger zu 1. ist ein Arbeit­ge­ber­verband für Betriebe des Maler- und Lackie­rer­handwerks mit Sitz in Sachsen. Er hat 110 Mitglieds­be­triebe, bislang aber keinen Tarifvertrag abgeschlossen. Sein erklärtes tarif­po­li­tisches Ziel ist die Abschaffung, jedenfalls aber eine grundlegende Reform der Beklagten. Die Klägerin zu 2. ist ein Betrieb des Maler- und Lackie­rer­handwerks. Sie ist Mitglied des Klägers zu 1. Eine Mitgliedschaft im Bundesverband Farbe Gestaltung Bautenschutz - Bundes­in­nungs­verband des deutschen Maler- und Lackie­rer­handwerks besteht nicht. Die zwischen diesem und der IG BAU abgeschlossenen Sozia­l­kas­sen­ta­rif­verträge für das Maler- und Lackie­rer­handwerk zum Urlaubskas­sen­ver­fahren sowie zur betrieblichen Alters­ver­sorgung gelten für ihren Betrieb allerdings kraft Allge­mein­ver­bind­li­ch­er­klärung (AVE) bzw. aufgrund des Gesetzes zur Sicherung der tarif­ver­trag­lichen Sozia­l­kas­sen­ver­fahren (SokaSiG2). Der Kläger zu 3. ist gewerblicher Arbeitnehmer im Maler- und Lackie­rer­handwerk. Er ist nicht Mitglied der IG BAU. Der Beklagte zu 1. ist die Urlaubskasse für das Maler- und Lackie­rer­handwerk und als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien zuständig für die Sicherung der Urlaubs­ansprüche der Arbeitnehmer. Der Beklagte zu 2. ist die Zusatz­ver­sor­gungskasse des Maler- und Lackierer-handwerks und als gemeinsame Einrichtung zuständig für die tarif­ver­traglich geregelte betriebliche Alters­ver­sorgung. Die zur Erfüllung ihrer jeweiligen Aufgaben notwendigen Mittel werden durch Beiträge der hierzu tarif­ver­traglich verpflichteten Arbeitgeber aufgebracht. Diese Mittel dürfen nur für satzungsgemäße Zwecke verwendet werden. In der Vergangenheit nahmen die Beklagten regelmäßig an der Branchenmesse „Farbe Ausbau & Fassade“ teil, zuletzt im März 2019. Auf ihrem Messestand waren u.a. Plakate mit Aufschriften wie z.B. „Fairer Wettbewerb - kalkulierbare Regeln für alle“ sowie „Sicherung des Urlaubs“ zu sehen. Auf dem YouTube-Kanal der Malerkasse ist ein Imagefilm abrufbar, in dem sich Arbeitnehmer des Maler- und Lackie­rer­handwerks positiv über ihren Beruf sowie die zusätzliche Alters­ver­sorgung und Absicherung über die Malerkasse äußern. Des Weiteren ist auf der YouTube-Plattform ein Lied über die Malerkasse abrufbar, das anlässlich einer Messe im Jahr 2016 aufgenommen wurde. Die Kläger haben die Ansicht vertreten, die Beklagten seien zur Erteilung von Auskünften über die Höhe der Kosten dieser „Werbemaßnahmen“ verpflichtet. Es handle sich um eine satzungswidrige Verwendung von Beitragsmitteln. Sie hätten Unterlassungs- und Schaden­s­er­satz­ansprüche, die eine Auskunft über den Umfang der rechtswidrigen Finan­zie­rung­s­tä­tig­keiten voraussetzten, und berufen sich insbesondere auf die Verletzung ihrer Rechte aus Art. 9 Abs. 3 GG. Die für einen Auskunftsanspruch erforderliche Sonder­ver­bindung ergäbe sich hinsichtlich der Kläger zu 2. und 3. auch aus der Erstreckung der Sozia­l­kas­sen­ta­rif­verträge durch die AVE bzw. das SoKaSiG2. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landes­a­r­beits­gericht hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen. Mit ihrer vom Landes­a­r­beits­gericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Klagebegehren weiter.

Auskunfts­ansprüche nicht gegeben

Die Revision der Kläger hatte vor dem BAG keinen Erfolg. Die geltend gemachten Auskunfts­ansprüche stehen ihnen nicht zu. Die von den Klägern kritisierten Handlungen der Beklagten verletzen sie schon nicht in ihrem durch Art. 9 Abs. 3 GG garantierten Recht auf Koali­ti­o­ns­freiheit, selbst wenn die Maßnahmen den die Beklagten tragenden Tarif­ver­trags­parteien zuzurechnen wären. Insbesondere werden die Rechte des Klägers zu 1. als (potentielle) Tarif­ver­trags­partei im Maler- und Lackie­rer­gewerbe nicht beeinträchtigt. Auch unter allen anderen denkbaren rechtlichen Gesichtspunkten sind Auskunfts­ansprüche nicht gegeben. Für das sog. Malerkassenlied gilt dies schon deshalb, weil es von den Beklagten weder beauftragt noch initiiert wurde. Im Übrigen liegt eine sach- und satzungsgemäße Öffentlichkeitsarbeit vor, die zur ordnungsgemäßen Geschäfts­führung der gemeinsamen Einrichtungen zählt. Soweit die Auskünfte zur Vorbereitung von Schaden­s­er­satz­ansprüchen begehrt werden, fehlt es darüber hinaus an einem denkbaren Schaden der Kläger.

Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (pm/ab)

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