21.11.2024
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Dokument-Nr. 7300

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Bundesarbeitsgericht Urteil20.01.2009

Gewerkschaften dürfen dienstliche E-Mails nutzenBundes­a­r­beits­gericht erklärt Gewerk­schafts­werbung per E-Mail für zulässig

Gewerkschaften dürfen für ihre Informationen an die Belegschaften die betrieblichen E-Mail-Adressen verwenden. Dies hat das Bundes­a­r­beits­gericht entschieden.

Die Klägerin ist ein Dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen der Infor­ma­ti­o­ns­tech­nologie für die Finanzbranche. Sie beschäftigt bundesweit an mehreren Standorten ca. 3.300 Mitarbeiter. Die Beklagte zu 1) ist eine Gewerkschaft mit ca. 2,3 Mio. Mitgliedern. Der Beklagte zu 2) ist deren Bezirksleiter des Landesbezirks Rheinland-Pfalz, der Beklagte zu 3) Bundes­fach­grup­pen­leiter. Die Klägerin verfolgte Anfang 2007 ein Standortkonzept, das die Schließung mehrerer Standorte und die Versetzung von Arbeitnehmern vorsah. Die Beklagten zu 2) und 3) versandten im Namen der Beklagten zu 1) unaufgefordert ca. 3.300 gleich lautende E-Mails an die dienstlichen E-Mail-Adressen der Mitarbeiter der Klägerin. Die E-Mails informierten über den gewerk­schaft­lichen Standpunkt zu dem Konzept der Klägerin, Verhand­lungsziele, insbesondere das Verlangen nach einem Firmen­ta­rif­vertrag, sowie die weitere Vorgehensweise und benannte für die Gewerkschaft verhandelnde Personen und Kontakt­mög­lich­keiten. Am Ende der E-Mail befand sich ein Link, mit dem sich ein Empfänger automatisch aus dem Verteiler löschen konnte. Nach den Regelungen einer Gesamt­be­trie­bs­ver­ein­barung dürfen die betrieblichen E-Mail-Accounts nur zu dienstlichen Zwecken verwandt werden. Die dienstlichen E-Mail-Adressen der Arbeitnehmer der Klägerin sind nach dem Prinzip "Vorname.Nachname@Domain der Arbeitgeberin" gebildet. Wie die Beklagten an die E-Mail-Adresse der Arbeitnehmer der Klägerin gelangt sind, ist nicht festgestellt.

Bundes­a­r­beits­gericht weist die Klage ab

Anders als die Vorinstanzen wies der erste Senat des Bundes­a­r­beits­ge­richts die Klage des Dienst­leis­tungs­un­ter­nehmens ab. Eine tarifzuständige Gewerkschaft dürfe sich an Arbeitnehmer über deren betriebliche E-Mail-Adressen mit Werbung und Informationen wenden. Dies gelte auch, wenn der Arbeitgeber den Gebrauch der E-Mail-Adressen zu privaten Zwecken untersagt habe, entschied das BAG.

Betäti­gungs­freiheit der Gewerkschaft

Die Entscheidung einer Gewerkschaft, Arbeitnehmer auf diesem Weg anzusprechen, sei Teil ihrer durch Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG geschützten Betäti­gungs­freiheit. Soweit dabei Grundrechte des Arbeitgebers berührt werden, seien die kollidierenden Rechts­po­si­tionen gegeneinander abzuwägen. Das durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Eigentumsrecht des Arbeitgebers und sein von Art. 2 Abs. 1 GG erfasstes Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb haben gegenüber der gewerk­schaft­lichen Betäti­gungs­freiheit zurückzutreten, solange der E-Mail-Versand nicht zu nennenswerten Betrie­b­s­ab­lauf­stö­rungen oder spürbaren, der Gewerkschaft zuzurechnenden wirtschaft­lichen Belastungen führe. Auf Persön­lich­keits­rechte der Arbeitnehmer könne sich der Arbeitgeber im Rahmen eines deliktischen Unter­las­sungs­an­spruchs gegenüber der Gewerkschaft nicht berufen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 08/09 des BAG vom 20.01.2009

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