Dokument-Nr. 24843
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- BB 1957, 1281Zeitschrift: Betriebs-Berater (BB), Jahrgang: 1957, Seite: 1281
- DB 1955, 1018Zeitschrift: Der Betrieb (DB), Jahrgang: 1955, Seite: 1018
- Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil14.09.1954, 2 Sa 130/54
Bundesarbeitsgericht Urteil05.09.1955
BAG: Sozialadäquater wilder Streik kann durch Übernahme einer Gewerkschaft zu legitimen Streik werdenKein Recht zur fristlosen Kündigung des streikenden Arbeitnehmers
Ein sozialadäquater Streik, der ohne Aufruf einer Gewerkschaft ausgebrochen ist (sog. "Wilder Streik"), kann durch Übernahme einer Gewerkschaft zu einem legitimen Streik werden. In diesem Fall ist eine fristlose Kündigung der streikenden Arbeitnehmer unzulässig. Dies hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im März 1954 traten die Schlachtergesellen des Kieler Schlachthofes in den Streik, um somit Lohnerhöhungen zu erreichen. Der Streik wurde zwei Tage nach der Arbeitsniederlegung von einer Gewerkschaft genehmigt, von ihr weitergeführt und schließlich zu Ende gebracht. Einer der Schlachtergesellen wurde dennoch von seinem Arbeitgeber mit Hinweis auf die beharrliche Arbeitsverweigerung fristlos gekündigt. Gegen diese Kündigung erhob der Schlachtergeselle Klage. Während das Arbeitsgericht der Klage noch stattgab, wies sie das Landesarbeitsgericht Kiel ab. Dagegen richtete sich die Revision des gekündigten Schlachtergesellen.
Unwirksame fristlose Kündigung aufgrund Vorliegens eines legitimen Streiks
Das Bundesarbeitsgericht entschied zu Gunsten des Schlachtergesellen und hob daher die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts auf. Die Arbeitsniederlegung sei als legitimer von einer Gewerkschaft geführter Streik anzusehen, so dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit den Streikenden nicht im Wege der Einzelmaßnahme fristloser Kündigungen habe lösen dürfen.
Übernahme des wilden Streiks durch Gewerkschaft begründet dessen Legitimität
Der Streik sei zwar zunächst ohne Mitwirkung der Gewerkschaft ausgebrochen und erst zwei Tage nach der Arbeitsniederlegung von ihr genehmigt und weitergeführt worden, so das Bundesarbeitsgericht. Jedoch müsse es der Gewerkschaft möglich bleiben, einen ohne ihre Mitwirkung entstandenen Streik zu ihrem eigenen zu machen, ihn unter ihre Kontrolle zu bringen und durch eine kollektive Vereinbarung zu beenden. Soweit der Streik sozialadäquat sei, werde er durch die Übernahme der Gewerkschaft zu einem legitimen gewerkschaftlichen Streik. Als sozialadäquat sei ein Streik zu werten, wenn er nicht gegen tarifliche Verpflichtungen verstoße und nicht eine unerlaubte Handlung nach den §§ 823 ff. BGB darstelle.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 14.09.2017
Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (vt/rb)
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