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Dokument-Nr. 1977

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Urteil28.02.2006Bundesarbeitsgericht1 AZR 460/04 und 1 AZR 461/04
ergänzende Informationen

Bundesarbeitsgericht Urteil28.02.2006

Gewerk­schaftliche Mitglie­d­er­werbung in Betrieben

Gewerkschaften dürfen auch durch betriebsfremde Beauftragte in Betrieben um Mitglieder werben. Das hat das Bundes­a­r­beits­gericht entschieden.

Gewerkschaften können in Betrieben auch durch betriebsfremde Beauftragte um Mitglieder werben. Dies gilt unabhängig davon, ob sie in dem Betrieb bereits Mitglieder haben. Die Werbung von Mitgliedern ist Teil der durch Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG grundrechtlich geschützten Betäti­gungs­freiheit der Gewerkschaften. Dazu gehört deren Befugnis selbst zu bestimmen, welche Personen sie mit der Werbung betrauen, und die Möglichkeit, dort um Mitglieder zu werben, wo Arbeitnehmer zusammenkommen und als solche angesprochen werden können. Da insoweit eine gesetzliche Regelung fehlt, müssen die Gerichte aufgrund ihrer grund­recht­lichen Schutzpflicht eine entsprechende Ausgestaltung vornehmen. Danach ist den Gewerkschaften ein betriebliches Zutrittsrecht zu Werbezwecken einzuräumen. Dieses besteht allerdings nicht uneingeschränkt. Gegenüber dem Interesse an einer effektiven Mitglie­d­er­werbung sind die ebenfalls verfas­sungs­rechtlich geschützten Belange des Arbeitgebers und Betrie­bs­in­habers abzuwägen. Dazu gehören dessen Haus- und Eigentumsrecht sowie insbesondere sein Recht auf einen störungsfreien Betriebsablauf. Sie können dem gewerk­schaft­lichen Zutrittsrecht entgegenstehen. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls.

Der Erste Senat des Bundes­a­r­beits­ge­richts wies - anders als die Vorinstanzen - die Klage der Indus­trie­ge­werk­schaft Metall ab, die von einem Arbeitgeber verlangte, betriebsfremden Gewerk­schafts­be­auf­tragten während der Mittags­öff­nungs­zeiten der Betriebskantine zur Mitglie­d­er­werbung künftig den Zutritt zum Betrieb zu gestatten. Der Antrag erfasst Fallge­stal­tungen, in denen dem gewerk­schaft­lichen Zutrittsrecht berechtigte Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen können.

Umgekehrt hatte auch die Klage des Arbeitgebers keinen Erfolg, mit der dieser die Feststellung begehrte, die IG-Metall habe kein Recht, in seinen Betrieben durch betriebsfremde Beauftragte Mitglie­d­er­werbung zu betreiben.

Vorinstanz:

Hessisches LAG, Urteile vom 1. April 2004 – 11 Sa 1092/03 – und – 11 Sa 1093/03 -

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 13/06 des BAG vom 28.02.2006

der Leitsatz

1. Die Mitglie­d­er­werbung ist Teil der durch Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG geschützten Betäti­gungs­freiheit der Gewerkschaften.

2. Gewerkschaften haben grundsätzlich ein Zutrittsrecht zu Betrieben, um dort auch durch betriebsfremde Beauftragte um Mitglieder zu werben.

3. Das Zutrittsrecht ist nicht unbeschränkt. Ihm können die verfas­sungs­rechtlich geschützten Belange des Arbeitgebers, insbesondere dessen Interesse an einem störungsfreien Arbeitsablauf und der Wahrung des Betrie­bs­friedens entgegenstehen. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls.

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