23.11.2024
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Arbeitsgericht Mannheim Urteil03.02.2011

Zu krank für die Arbeit, aber fit genug für den MarathonlaufEntgelt­fort­zahlung durch den Arbeitgeber nur mit glaubwürdigem ärztlichen Attest gerechtfertigt

Wer aus gesund­heit­lichen Gründen arbeitsunfähig wird, der muss sich dies von einem Arzt schriftlich bestätigen lassen, damit ein Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts durch den Arbeitgeber besteht. Ergeben sich aus den näheren Umständen des Einzelfalls jedoch berechtigte Zweifel an der Richtigkeit des vorgelegten Attests, so kann der Arbeitgeber die Zahlung verweigern. Dies geht aus einem Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim hervor.

Im vorliegenden Fall begehrte die Klägerin Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall von ihrem ehemaligen Arbeitgeber. Die Frau hatte die Kündigung ihres Arbeits­ver­hält­nisses fristgerecht eingereicht und schließlich für die letzten zwei Arbeitswochen vor Beendigung ihres Arbeits­ver­hält­nisses ein ärztliches Attest vorgelegt, das ihr Arbeits­un­fä­higkeit bescheinigte. Im Zeitraum ihrer Erkrankung nahm sie an einem Marathonlauf über 42 Kilometer teil und begründete dies mit dem Ratschlag ihres Arztes, dass sie sich bewegen solle, da ihr Leiden psychischer Natur sei.

Arbeitgeber zweifelt Arbeits­un­fä­higkeit an

Das beklagte Unternehmen sah sich zur geforderten Entgelt­fort­zahlung nicht verpflichtet. Es bestehe erheblicher Zweifel an der behaupteten Arbeits­un­fä­higkeit, da die Klägerin am Marathon teilgenommen habe und dabei mit einer Laufzeit von fünf Stunden sogar eine beachtliche Leistung erbracht habe. Ein sportlicher Wettkampf dieser Größenordnung stelle auch eine starke psychische Belastung dar, gab das Unternehmen zu bedenken.

Klägerin hat keinen Anspruch auf Entgelt­fort­zahlung

Das Arbeitsgericht Mannheim konnte keinen Anspruch der Klägerin auf Entgelt­fort­zahlung feststellen. Ein Arbeitnehmer habe prinzipiell gemäß § 3 Entgelt­fort­zah­lungs­gesetz Anspruch auf Entgelt­fort­zahlung im Krankheitsfall, wenn er in Folge einer Krankheit an der Erbringung seiner Arbeitsleistung gehindert werde, ohne dass ihn hierfür ein Verschulden treffe. Der Krankheitsfall müsse dem Arbeitgeber jedoch durch Vorlage eines ärztlichen Attests nachgewiesen werden.

Richtigkeit des ärztlichen Attests ist zweifelhaft

Grundsätzlich hätten Bescheinigungen, wie beispielsweise ein ärztliches Attest, den Anschein von Richtigkeit gemäß § 440 ZPO. Anders würde es sich jedoch verhalten, wenn der Arbeitgeber die Richtigkeit dieser Bescheinigung anzweifle (§ 439 ZPO). Im vorliegenden Fall würden sich nach Auffassung des Gerichts bereits Zweifel aus dem Umstand ergeben, dass die ärztliche Bescheinigung für einen Zeitraum von zwei Wochen ausgestellt wurde, obwohl üblicherweise nicht mehr als eine Woche bescheinigt werde. Vor allem aber sei der Beweiswert des Attestes dadurch erschüttert, dass die Klägerin an dem Marathonlauf teilgenommen habe. Das Gericht erkannte zwar an, dass Bewegung und speziell auch das Laufen bei psychischen Problemen möglicherweise helfen könne, jedoch stelle die Teilnahme an einem sportlichen Wettkampf eher eine psychische Belastung dar und sei deshalb zur Genesung wenig geeignet. Anders hätte der Fall dagegen ausgesehen, wenn die Frau joggend im Wald angetroffen worden wäre. Es erscheine zudem fragwürdig, warum der Klägerin die Teilnahme am Marathon in der Mitte ihrer Krankheitszeit möglich war, sie jedoch im Anschluss bis zum Ablauf des Arbeits­ver­hält­nisses ihre Arbeit­s­tä­tigkeit nicht wieder aufnehmen konnte. Nicht nachvollziehbar wäre in diesem Zusammenhang auch der Umstand, dass die Klägerin bereits zu Beginn der angeblichen Erkrankung ihren Schreibtisch aufgeräumt und die Daten am PC gelöscht habe. Das Gericht betonte schließlich, dass ein Krankenschein nicht dem Zweck diene, Vorbe­rei­tungszeit für einen sportlichen Wettkampf zu gewinnen und ein Arbeits­ver­hältnis vorzeitig zu beenden. Nach den gegebenen Umständen könne damit ein Anspruch auf Entgelt­fort­zahlung im Krankheitsfall nicht bestätigt werden.

Quelle: ra-online, Arbeitsgericht Mannheim (vt/st)

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