Dokument-Nr. 9036
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Arbeitsgericht Essen Urteil27.09.2005
ArbG Essen: Schlechte schulische Leistungen eines Auszubildenden stellen keinen zulässigen Grund für fristlose Kündigung darKündigung des Ausbildungsvertrages darf keinerlei Bestrafungscharakter haben
Auszubildende, deren schulische Leistungen während der Lehrzeit zu wünschen übrig lassen, dürfen vom Arbeitgeber nicht gleich gefeuert werden. Eine fristlose Kündigung eines Ausbildungsverhältnisses darf nur das allerletzte Mittel sein. Die geht aus einem Urteil des Arbeitsgerichts Essen hervor.
In dem zugrunde liegenden Fall hatte der Arbeitgeber seinem Maurer-Lehrling wegen einer mangelhaften Leistung in einer Zwischenprüfung ein Jahr vor der Gesellenprüfung fristlos gekündigt hatte. Der Arbeitgeber ließ dabei in dem Schreiben seinen Gefühlen freien Lauf. Darin heißt es unter anderem: „...Nach drei Abmahnungen, vielen Einzelgesprächen und großer Geduld unserer Mitarbeiter setzt dieses Ergebnis Ihrem bisherigen Verhalten die Krone auf...“.
Azubi hält Kündigung mangels wichtigen Grundes für unwirksam
Der Auszubildende klagte vor Gericht, da er der Ansicht war, dass die Kündigung bereits mangels Vorliegen eines wichtigen Grundes unwirksam war. Schlechte schulische Leistungen berechtigten den Ausbildungsbetrieb nicht zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung des Berufsausbildungsverhältnisses.
Kündigung als Bestrafung für schlechte Zwischenprüfung unwirksam
Die Richter des Arbeitsgerichts Essen hielten die Klage für begründet, da nach den Feststellungen des Gerichts für ausgesprochene außerordentliche, fristlose Kündigung tatsächlich kein wichtiger Grund im Sinne von § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG vorgelegen hat. Darüber hinaus warfen dem Arbeitgeber vor, die Kündigung quasi als Bestrafung für das schlechte Abschneiden des Auszubildenden in der Zwischenprüfung ausgesprochen zu haben. Das aber sei völlig indiskutabel, weil rechtlich unzulässig.
Azubi hatte nach Abmahnung keine Möglichkeit Leistungen zu verbessern
Die fristlose Kündigung eines Ausbildungsvertrages dürfe keinerlei Bestrafungscharakter haben. Als Kündigungsgrund rechtlich akzeptiert sei allenfalls, dass die schlechten schulischen Leistungen des Auszubildenden gravierende negative Auswirkungen für die weitere Zukunft des Ausbildungsverhältnisses erwarten lassen und die Fortsetzung des Ausbildungsverhältnisses für den Ausbilder deshalb unzumutbar erscheinen. Das aber setze stets voraus, dass der Ausbildungsbetrieb den Auszubildenden vorher abgemahnt habe. Im konkreten Fall war eine entsprechende Abmahnung zwar ausgesprochen worden. Die ließen die Essener Richter allerdings nicht gelten. Der Grund: Die Abmahnung war etwa eine Woche nach Bekanntwerden der mangelhaften Zwischenprüfung ausgesprochen worden. Damit aber, so das Gericht, habe der Auszubildende bis zu der kurze Zeit später ausgesprochenen Kündigung keine Chance mehr gehabt, seine Leistungen noch zu verbessern.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 11.01.2010
Quelle: ra-online, ArbG Essen
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