Dokument-Nr. 18030
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Arbeitsgericht Cottbus Urteil09.04.2014
Nicht sittenwidrig: Anwalt darf Mitarbeitern 1,54 Euro bzw. 1,65 Euro Stundenlohn zahlenArbeitsgericht konnte keine verwerfliche Absicht zur Ausnutzung einer Zwangslage der Mitarbeiter erkennen
Es kann in Einzelfällen zulässig sein, wenn ein Rechtsanwalt Bürokräfte mit einen Stundenlohn von unter zwei Euro beschäftigt. Dies entschied das Arbeitsgericht Cottbus.
In dem zugrunde liegenden Fall ging es um sittenwidrige Löhne. Es klagten die Jobcenter Oberspreewald-Lausitz und Elbe-Elster gegen einen Rechtsanwalt. Die Jobcenter machten Arbeitsentgelt zweier Arbeitnehmer aus übergegangenem Recht geltend. Die Arbeitnehmer hatten neben ihrem Entgelt als Bürokräfte (14 bzw. 15 Stunden pro Woche bei einem jeweiligen Monatsentgelt von 100 Euro) Leistungen zur Hilfe zum Lebensunterhalt (also Hartz-IV-Leistungen) erhalten. Der Stundenlohn bei 15 bzw. 14 Wochenarbeitsstunden lag rechnerisch bei nur 1,54 Euro bzw. 1,65 Euro pro Stunde.
Die Jobcenter waren der Meinung, der Lohn der Arbeitnehmer sei sittenwidrig so niedrig, dass noch Ansprüche der Arbeitnehmer bestünden, die von Rechts wegen auf das Jobcenter übergegangen seien.
Jobcenter verlangen mindestens 5 Euro Stundenlohn
Die Jobcenter machten in einem Fall für den Zeitraum von 12 Monaten und in dem anderen Fall für einen Zeitraum von ca. 9 Monaten Forderungen geltend. Die Differenzansprüche der Jobcenter wurden von diesen auf der Grundlage einer Stundenvergütung von 5 Euro brutto berechnet.
Richter: Leistungsempfänger wollen "dem Amt nichts schenken"
Am 20. Dezember 2013 fand eine Güteverhandlung statt. Der Vorsitzende machte in einem Einführungsstatement, deutlich, dass die Thematik der sittenwidrigen Löhne ein gesellschaftliches Problem von großem Ausmaß darstelle. Einerseits wollten Leistungsempfänger von Hartz IV "dem Amt nichts schenken" und somit die Zuverdienstgrenzen nicht überschreiten, andererseits hätten sich ganze Wirtschaftszweige darauf eingestellt für "Billiglöhne" Arbeitskräfte zu beschäftigen, die als so genannte "Aufstocker" bei den Jobcentern geführt werden. Ob ein sittenwidriger Lohn vorliege, dürfte davon abhängen, wie die zu erbringende Arbeitsleistung üblicher Weise zu bewerten ist, führte der Richter aus. Werde der im Wirtschaftszweig übliche Lohn um mehr als 1/3 unterschritten, so spreche man von einem sittenwidrigen Lohn.
Keine verwerfliche Absicht zur Ausnutzung einer Zwangslage erkennbar
Das Arbeitsgericht wies die Klagen der Jobcenter am 9. April 2014 ab. Zwar habe ein Missverhältnis zwischen der erbrachten Arbeitsleistung zweier Mitarbeiter des Beklagten und dem jeweils dafür entrichteten Entgelt vorgelegen. Allerdings konnte das Arbeitsgericht wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls keine verwerfliche Absicht zur Ausnutzung einer Zwangslage der Mitarbeiter erkennen. Daher mussten die Klagen abgewiesen werden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 09.04.2014
Quelle: ra-online, Arbeitsgericht Cottbus (pm/pt)
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