21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen eine Langzeitaufnahme von zwei Straßenbahnen.

Dokument-Nr. 34517

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Arbeitsgericht Berlin Urteil07.10.2024

Gericht bestätigt Kündigung von Tramfahrer nach Facebook-PostBedrohung von Kollegen wegen gewerk­schaft­lichen Engagements stellt Störung des Betrie­bs­friedens dar

Das Arbeitsgericht Berlin hat die ordentliche Kündigung eines Straßen­bahn­fahrers, der in einer privaten Facebook-Gruppe einen von ihm verfassten Beitrag mit einer Fotomontage versehen hatte, für wirksam angesehen, weil in dieser eine Bedrohung von Kollegen, die sich bei der Gewerkschaft ver.di engagieren, und zugleich eine konkrete und nachhaltige Störung des Betrie­bs­friedens liege. Bei der öffentlich-rechtlichen Arbeitgeberin handelt es sich um den bundesweit größten Betreiber Öffentlichen Perso­nen­nah­verkehrs.

Der Straßen­bahn­fahrer ist Administrator einer privaten Facebook-Gruppe, die sich nach ihrer Bezeichnung an Fahrpersonal der Arbeitgeberin richtet und circa 1000 Mitglieder umfasst. Im Mai 2024 verfasste er dort einen an die Mitglieder der ver.di-Tarifkommission gerichteten Kommentar zum Ergebnis einer ver.di-Mitglie­der­be­fragung und schloss diesen mit einer Fotomontage ab. Auf dieser ist ein auf dem Boden kniender Mann abgebildet, auf dessen Kopf der Lauf einer Pistole gerichtet ist. Neben ihm befindet sich der Schriftzug von ver.di. Die Fotomontage trägt den Titel „VER.DI HÖRT DEN WARNSCHUSS NICHT!“ Sie weist auch das Logo der Arbeitgeberin aus. Über diesen Beitrag beschwerten sich sieben Beschäftigte der Arbeitgeberin, die zugleich Gewerk­schafts­funk­tionäre sind und sich durch den Beitrag bedroht fühlten. Nach Anhörung des Fahrers und des Personalrats sprach die Arbeitgeberin eine fristlose und eine ordentliche Kündigung des Arbeits­ver­hält­nisses aus.

Bedrohliche Fotomontage nicht von Meinungs­freiheit gedeckt

Das Arbeitsgericht hat die hilfsweise fristgemäße Kündigung für wirksam erachtet. Der Straßen­bahn­fahrer habe mit der Fotomontage Beschäftigte konkret bedroht. Darin liege zugleich eine erhebliche Störung des Betrie­bs­friedens. Die Chatgruppe sei zwar privat, richte sich jedoch ausdrücklich an Fahrpersonal der Arbeitgeberin und verfüge mit rund 1000 Mitgliedern nicht mehr über einen überschaubaren Adressatenkreis. Der Beitrag sei auch auf eine Außenwirkung angelegt gewesen. Die Fotomontage sei als Drohung an Beschäftigte, die sich für ver.di aktiv einsetzten, zu verstehen und, wie sich an den Beschwerden zeige, auch verstanden worden. Dies ergebe sich vor allem aus der Zielrichtung des Pistolenlaufs auf den Kopf des abgebildeten Mannes. Eine solche konkrete Bedrohung sei von der Meinungs­freiheit nicht gedeckt. Auch liege hierin eine arbeits­ver­tragliche Neben­pflicht­ver­letzung, von der klar erkennbar sei, dass sie von der Arbeitgeberin nicht hingenommen werde. Daher sei eine Abmahnung nicht erforderlich gewesen.

Im Rahmen der Inter­es­se­n­ab­wägung hat das Arbeitsgericht angenommen, eine Fortsetzung des Arbeits­ver­hält­nisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist sei der Arbeitgeberin noch zuzumuten. Der gekündigte Arbeitnehmer hingegen benötige als allein­er­zie­hender Vater dreier Kinder einen größeren zeitlichen Vorlauf, um eine neue hiermit vereinbare Stelle zu finden. Dieser Umstand wie auch die 15jährige Betrie­bs­zu­ge­hö­rigkeit überwögen bezogen auf die ordentliche Kündigung hingegen nicht die Interessen der Arbeitgeberin. Diese müsse für den Schutz ihrer Beschäftigten sowohl bei der Ausübung deren arbeits­ver­traglich geschuldeter Tätigkeiten wie auch bei der Wahrnehmung ihrer Rechte aus Artikel 9 Grundgesetz sorgen. Gegen das Urteil können beide Parteien Berufung beim Landes­a­r­beits­gericht Berlin-Brandenburg einlegen.

Quelle: Arbeitsgericht Berlin, ra-online (pm/ab)

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