21.11.2024
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Dokument-Nr. 22784

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Beschluss06.06.2016Anwaltsgerichtshof BerlinII AGH 16/15
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • BRAK-Mitt 2016, 190Zeitschrift: BRAK-Mitteilungen (BRAK-Mitt), Jahrgang: 2016, Seite: 190
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ergänzende Informationen

Anwaltsgerichtshof Berlin Beschluss06.06.2016

Freischaltung des besonderen elektronischen Anwalts­postfachs ohne Einverständnis des Rechtsanwalts unzulässigRechtswidriger Eingriff in Berufs­ausübungs­freiheit

Die Rechts­an­walts­kammer ist nicht befugt, ohne Einverständnis des Rechtsanwalts sein besonderes elektronisches Anwaltspostfach freizuschalten. Andernfalls liegt ein rechtswidriger Eingriff in die Berufs­ausübungs­freiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) vor. Dies hat der Anwalts­ge­richtshof Berlin entschieden.

In dem zugrunde liegenden Fall wehrte sich ein Rechtsanwalt im Dezember 2015 mit Hilfe einer einstweiligen Anordnung gegen die Freischaltung seines besonderen elektronischen Anwalts­post­faches, ohne dass er sich dafür registriert hat. Er befürchtete ein erhebliches Haftungsrisiko, sollten an das Postfach Schreiben gesendet werden. Zudem bestehe seiner Meinung nach keine gesetzliche Pflicht zur Nutzung des Postfaches.

Anspruch auf Unterlassung der Freischaltung des besonderen elektronischen Anwalts­post­faches

Der Anwalts­ge­richtshof Berlin entschied zu Gunsten des Rechtsanwalts. Ihm habe ein Anspruch auf Unterlassung der Freischaltung des besonderen elektronischen Anwalts­post­faches zugestanden. Denn die Freischaltung entgegen des Willens des Anwalts stelle einen rechtswidrigen Eingriff in die Berufs­aus­übungs­freiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) dar.

Eingriff in Berufs­aus­übungs­freiheit

Der Eingriff in die Berufs­aus­übungs­freiheit habe nach Ansicht des Anwalts­ge­richtshofs darin gelegen, dass der Rechtsanwalt entsprechende Hard- und Software vorhalten sowie geeignetes Personal schulen müsse. Zudem müsse das Postfach regelmäßig auf eingehende Nachrichten überprüft werden. Komme er dem nicht nach, könne dies den Vorwurf der Verletzung berufs­recht­licher Pflichten begründen. Hinzugekommen sei die haftungs­rechtliche Frage. Zwar sei eine Haftung zweifelhaft, sollte der Anwalt Schreiben des Postfaches nicht wahrnehmen. Es sei ihm jedoch nicht zumutbar, diese Frage in einem Schaden­er­satz­prozess klären zu lassen. Ferner habe die Gefahr eines Reputa­ti­o­ns­schadens vorgelegen. Denn ein Dritter könne nicht erkennen, ob der Anwalt das Postfach nicht nutzt oder aus Desinteresse nicht regiert.

Fehlende gesetzliche Grundlage zur Freischaltung begründet Rechts­wid­rigkeit des Eingriffs

Ein Eingriff in die Berufs­aus­übungs­freiheit bedürfe einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage, so der Anwalts­ge­richtshof. Daran habe es hier gefehlt. Die Vorschrift des § 31 a der Bundes­rechts­an­walts­ordnung habe die Rechts­an­walts­kammer nicht dazu befugt, das besondere elektronische Anwaltspostfach für den Rechtsverkehr zu öffnen und damit den Rechtsanwalt faktisch zu zwingen, dieses zu nutzen. Die Vorschrift verwende lediglich den Begriff des "Einrichtens". Dieser Begriff könne nur so verstanden werden, dass er die Bereitstellung des Postfaches festlegt, nicht aber dessen Eröffnung für den Rechtsverkehr.

Quelle: Anwaltsgerichtshof Berlin, ra-online (vt/rb)

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