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Amtsgericht Halle (Saale) Urteil23.02.2012
Private Haftpflichtversicherung des schuldunfähigen Schädigers begründet keine Billigkeitshaftung nach § 829 BGBPrivathaftpflichtversicherung darf Schadenersatzanspruch nicht begründen
Verfügt der schuldunfähige Schädiger über eine private Haftpflichtversicherung, so begründet dies keine Billigkeitshaftung nach § 829 BGB. Denn eine Privathaftpflichtversicherung darf einen Schadenersatzanspruch nicht erst begründen, vielmehr muss dieser bereits vorliegen. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Halle (Saale) hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Juni 2011 wollte ein Autofahrer mit seinem PKW in eine Hauptstraße einbiegen. Aufgrund des vorhandenen Verkehrs musste er jedoch erst warten. In dieser Zeit kam von rechts auf dem Gehweg ein neunjähriges Mädchen mit ihrem Fahrrad angefahren. Dabei stieß sie mit dem Rad gegen die Beifahrertür des PKW und beschädigte diesen. Der Autofahrer klagte daraufhin gegen das Mädchen auf Zahlung von Schadenersatz in Höhe von fast 1.580 EUR. Seiner Meinung nach sei das Mädchen wegen der Billigkeitshaftung und ihrer privaten Haftpflichtversicherung aus § 829 BGB zum Schadenersatz verpflichtet gewesen.
Kein Anspruch auf Schadenersatz wegen Billigkeitshaftung
Das Amtsgericht Halle (Saale) entschied gegen den Autofahrer. Diesem habe nach § 829 BGB kein Anspruch auf Schadenersatz zugestanden. Denn dies hätte vorausgesetzt, dass der Schädiger im Vergleich zum Geschädigten über erheblich bessere Vermögensverhältnisse verfügt. Voraussetzung sei also ein wirtschaftliches Gefälle. Dies sei hier aber selbst bei Berücksichtigung des Vermögens der Mutter des Mädchens nicht der Fall gewesen.
Private Haftpflichtversicherung begründet keine Billigkeitshaftung
Die private Haftpflichtversicherung des Mädchens sei nach Ansicht des Amtsgerichts in diesem Zusammenhang unbeachtlich gewesen. Denn diese greife erst bei Bestehen eines Schadenersatzanspruchs. Die Privathaftpflichtversicherung könne jedoch einen Schadenersatzanspruch nicht erst begründen. Würde dies der Fall sein, würde man der Versicherung ein Risiko aufbürden, welches sie gar nicht versichert hat. Dies würde zu einer Änderung des Vertragsgegenstands durch das Gericht führen.
Kein Schadenersatzanspruch aus § 823 BGB wegen Schuldunfähigkeit
Ein Schadenersatzanspruch aus § 823 BGB sei ausgeschieden, so das Amtsgericht, weil das Mädchen aufgrund ihres Alters nach § 828 Abs. 2 Satz 1 BGB schuldunfähig gewesen sei.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 26.02.2015
Quelle: Amtsgericht Halle (Saale), ra-online (vt/rb)
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