18.10.2024
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Amtsgericht Charlottenburg Beschluss09.02.2006

Trotz in Wikipedia (de.wikipedia.org) enthaltener Beiträge über den Compu­ter­fachmann "Tron" darf Wikimedia wieder auf die Enzyklopädie weiterleiten

Das Amtsgericht Charlottenburg hat die am 17. Januar 2006 gegen den Verein Wikimedia e.V. erlassene einstweilige Verfügung aufgehoben, worin dem Verein untersagt worden war, die Internetadresse wikipedia.de auf die Internetadresse de.wikipedia.org weiterzuleiten, solange unter der letztgenannten Adresse ein Beitrag eingestellt ist, der den bürgerlichen Namen des im Alter von 26 Jahren verstorbenen Sohnes der Antragsteller nennt.

Die Antragsteller hatten die einstweilige Verfügung beantragt, weil nach ihrer Darstellung zu diesem Zeitpunkt unter der Domain de.wikipedia.org Beiträge bereitgestellt wurden, in denen der ungekürzte Nachname ihres verstorbenen Sohns - eines in Fachkreisen unter dem Pseudonym "Tron" bekannten Compu­ter­spe­zi­a­listen - genannt wurde. Dies verletze das "postmortale Persön­lich­keitsrecht" ihres Sohnes.

Nach Auffassung des Gerichts steht den Antragstellern ein Anspruch auf Unterlassung der Nennung des bürgerlichen Namens ihres Sohnes im Internet nicht zu, da durch die Namensnennung dessen über den Tod hinausgehendes Persön­lich­keitsrecht nicht verletzt werde. Der postmortale Schutz der Persönlichkeit sei vor allem darauf ausgerichtet, den Verstorbenen vor unwahren Behauptungen, vor Herabsetzungen und Erniedrigungen sowie vor groben Entstellungen seines Lebensbildes und seiner Lebensleistung zu schützen. Entsprechendes sei hier jedoch nicht gegeben. Auch eine Verletzung des eigenen Persön­lich­keits­rechts der Antragsteller scheide aus, weil allein aus den streit­ge­gen­ständ­lichen Beiträgen auf der website eine Identifizierung der Antragsteller nicht möglich sei.

Das Amtsgericht hatte bereits am 20. Januar 2006 auf Antrag des Vereins Wikimedia e.V. die Zwangs­voll­streckung aus dem Beschluss bis zum Erlass des Urteils eingestellt. Grund für die damalige Entscheidung war die Abwägung zwischen dem Schutz des postmortalen Namensrechts und dem Grundrecht der freien Meinung­s­äu­ßerung. Das Verbot der Weiterleitung von wikipedia.de zu de.wikipedia.org sei - so die Begründung des Beschlusses - angesichts der geringen Anzahl der das Namensrecht verletzenden Beiträge im Verhältnis zur glaubhaft gemachten Gesamtzahl der Beiträge unver­hält­nismäßig und geeignet, nicht absehbare wirtschaftliche Schäden hervorzurufen.

Gegen die Entscheidung ist die Berufung zum Landgericht Berlin möglich.

Quelle: Pressemitteilung des Kammergerichts Berlin vom 09.02.2006

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