Dokument-Nr. 23689
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- NJW-Spezial 2016, 220Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2016, Seite: 220
Amtsgericht Winsen Beschluss27.12.2015
Geltendmachung der Post- und Telekommunikationspauschale durch Rechtsanwalt setzt nicht Vorliegen von tatsächlich angefallenen Kosten vorausUnvereinbarkeit mit Begriff der Pauschale sowie den Intentionen des Gesetzgebers
Ein Rechtsanwalt kann die Post- und Telekommunikationspauschale gemäß Nr. 7002 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) unabhängig davon geltend machen, ob tatsächlich Kosten angefallen sind. Eine andere Ansicht ist mit dem Begriff der Pauschale und den Intentionen des Gesetzgebers nicht vereinbar. Dies hat das Amtsgericht Winsen entschieden.
In dem zugrunde liegenden Fall hatte eine Rechtsanwältin nach Abschluss eines gerichtlichen Verfahrens die Pauschale für Telekommunikationskosten in Höhe von 20 % der Gebühren und somit 6 EUR plus Mehrwertsteuer geltend gemacht. Dies ließ jedoch der Rechtspfleger nicht gelten. Er verlangte den Nachweis, ob tatsächlich Kosten für die Kommunikation angefallen sind. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Erinnerung der Rechtsanwältin.
Keine Pflicht zum Nachweis tatsächlich angefallener Kommunikationskosten
Das Amtsgericht Winsen entschied zu Gunsten der Rechtsanwältin und hob daher die Entscheidung des Rechtspflegers auf. Zwar könne aus dem Wortlaut der Nr. 7001 VV RVG der Schluss gezogen werden, es müsse nachgewiesen werden, dass überhaupt erstattungspflichtige Kosten angefallen sind. Dafür wären aber umfangreiche Darlegungen und Dokumentation erforderlich. Ein solcher Nachweisaufwand sei mit dem Wesen einer Pauschale und dem Massengeschäft der Kostenfestsetzung nach dem RVG unvereinbar.
Transparenz und Vereinfachung durch Pauschale
Eine Nachweispflicht wäre mit der Intention des Gesetzgebers nicht zu vereinbaren, so das Amtsgericht, das Kostenrecht durch die Einführung der Pauschale im Hinblick auf die begrenzten Ressourcen der Justiz transparenter und einfacher zu gestalten.
Nachweispflicht steht im Widerspruch zum Begriff der Pauschale
Darüber hinaus stehe eine Nachweispflicht nach Ansicht des Amtsgerichts im Widerspruch zum Begriff der Pauschale. Der Begriff werde als Synonym für einen Zahl- oder Anrechnungsbetrag ohne Prüfung der Frage verwandt, ob überhaupt etwas angefallen sei. Denn bei bestimmten Geschäften werde davon ausgegangen, dass etwas anfällt und die Frage, ob und was angefallen sei, aus Vereinfachungsgründen gerade nicht geprüft werden solle. So erhalte der Geschädigte eines Verkehrsunfalls eine Unfallkostenpauschale und der Arbeitnehmer ein Arbeitnehmerpauschbetrag als Steuerfreibetrag unabhängig von der Frage, ob Post- und Telekommunikationskosten oder Werbungskosten angefallen seien.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 12.01.2017
Quelle: Amtsgericht Winsen, ra-online (vt/rb)
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