Im zugrunde liegenden Fall wurde das Auto des Klägers in der Nacht vom 18. zum 19. Januar 2007, als der Orkan "Kyrill " über Berlin hinweg zog, beschädigt. Der Kläger ist Mieter im Haus der späteren Beklagten. Bei dem Orkan wurde der Schornstein des Hauses beschädigt, wobei herabfallende Steine des Schornsteins auf die Straße stürzten.
Der Kläger behauptet, dass durch die herab fallenden Steine des Schornsteins auch sein vor dem Haus geparktes Fahrzeug beschädigt wurde. So seien die Frontscheibe des Fahrzeugs zerstört und die Motorhaube und das Dach eingebeult worden. Da der Schornstein bauliche Mängel aufgewiesen und deshalb dem Sturm nicht standgehalten habe, verlangte der Kläger von der Beklagten Schadensersatz für die Beschädigung seines Fahrzeugs.
Die Beklagte war jedoch der Ansicht, dass höhere Gewalt zur Beschädigung des Schornsteins geführt habe. Der Orkan "Kyrill" sei mit Starkniederschlag und Windstärken über 12 Beaufort ein außergewöhnliches Naturereignis gewesen und somit habe ein Ausnahmezustand geherrscht, für den die Beklagte nicht verantwortlich sei. Der Schornstein sei in einwandfreiem Zustand gewesen und sei regelmäßig überprüft worden.
Das Amtsgericht Berlin-Schöneberg sah dies jedoch anders und hielt die Klage für weitgehend begründet. Die Richter sprachen dem klagenden Autobesitzer einen Schadensersatzanspruch zu, nachdem eine Zeugin insoweit glaubhaft bekundet hatte, dass sie im direkten zeitlichen Zusammenhang mit der Beschädigung des Schornsteins des Hauses und von dort herab fallenden Steinen und Metallteilen die streitgegenständlichen Beschädigungen am Fahrzeug des Mannes wahrgenommen habe.
Nach Ansicht des Deutschen Wetterdienstes ist der Orkan "Kyrill" zwar als sehr seltenes Witterungsereignis einzustufen, jedoch ist der Sturm - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht als außergewöhnliches Naturereignis anzusehen.
Grundsätzlich müsse ein Gebäude mit seinen sämtlichen Einrichtungen der Witterung standhalten. Weil ein Gebäudebesitzer auch ungewöhnliche Stürme in seine Betrachtung einbeziehen und im Rahmen der ihn treffenden Verkehrssicherungspflicht entsprechende Vorsorge für die Festigkeit des Gebäudes und der Gebäudeteile treffen muss, gilt dies auch für Windstärken bis 12 Beaufort, die mit einem Orkan einhergehen.
Da derartige Windstärken jedoch in der Nacht des Orkans "Kyrill" am Schadensort nicht gemessen wurden, ist nach dem Beweis des ersten Anscheins erwiesen, dass die Ablösung von Teilen des Schornsteins des Gebäudes der Beklagten die Folge fehlerhafter Errichtung oder mangelhafter Unterhaltung des Schornsteins gewesen ist und die Beklagte somit gegenüber dem Kläger schadensersatzpflichtig ist.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 07.01.2010
Quelle: ra-online (kg)