21.11.2024
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Dokument-Nr. 3002

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Amtsgericht Nürnberg Urteil18.05.1998

"Bergungskosten" oder gewöhnliche Transportkosten?Fahrt zur ärztlichen Kontroll­un­ter­suchung nach einem leichten Unfall stellt keine "Bergung" des Verletzten dar

Läßt der Versi­che­rungs­nehmer nach einem Unfall sich oder seine mitversicherten Angehörigen vorsichtshalber ärztlich untersuchen, so zählen die dafür anfallenden Fahrtkosten zur Arztpraxis oder in die Klinik nicht zu den "Bergungskosten" im Sinne der privaten Unfall­ver­si­cherung. Mit dieser Begründung wies das Amtsgericht Nürnberg die Klage eines Familienvaters gegen eine Versi­che­rungs­ge­sell­schaft ab.

Die beiden Kinder des Klägers hatten kurz nacheinander zwei kleinere Unfälle erlitten, zum Glück mit glimpflichem Ausgang. In diesem Zusammenhang hatte der Mann insgesamt 29 DM Fahrtkosten: Beim ersten Mißgeschick 20 DM, beim zweiten 9 DM. Dieses Geld wollte er nun von der Unfall­ver­si­cherung ersetzt haben. Seine Klage blieb jedoch ohne Erfolg. Nach den Versi­che­rungs­be­din­gungen, so das Amtsgericht Nürnberg, müßte die Versi­che­rungs­ge­sell­schaft nur solche Transportkosten ersetzen, die erforderlich waren, um die Verletzten zu "bergen", d.h. aus einer unfallbedingten Notlage zu retten. Das sei bei der Fahrt zur ärztlichen Untersuchung der beiden Kinder nicht der Fall gewesen.

Nach den Allgemeinen Versi­che­rungs­be­din­gungen für die private Unfall­ver­si­cherung (AUB) gibt es Leistungen im allgemeinen nur für den Todesfall, Invalidität, Kranken­haus­auf­enthalte oder für bestimmte unfallbedingte Beein­träch­ti­gungen. Im konkreten Fall waren jedoch ergänzend "Besondere Bedingungen" vereinbart. Darin hatte sich die Versi­che­rungs­ge­sell­schaft verpflichtet, über die Regelleistungen hinaus auch "die notwendigen Kosten für die Bergung des Versicherten ... im Zusammenhang mit einem Unfall - einschließlich der Kosten für den Transport des Verletzten in das nächste Krankenhaus - " zu ersetzen. Auf diese Klausel stützte der Kläger seine Forderung nach Auslagenersatz für die beiden Unfälle.

Im ersten Fall hatte sich sein 6-jähriger Sohn im Garten einen Fuß verstaucht. Der Großvater brachte das Kind mit dem Auto zur 3 km entfernten Kinderarzt-Praxis. Für die Fahrtkosten (1,80 DM), zwei Telefonate (,40 DM) und den Zeitaufwand vergütete der Kläger dem Großvater 20 DM.

Zwei Monate später traf die dreijährige Tochter ein ähnliches Mißgeschick. Beim Spielen im häuslichen Garten fiel sie in ein Rosenbeet und verletzte sich leicht am Auge. Ihr Vater befürchtete jedoch, ein Rosendorn könne ins Auge gedrungen sein. Er fuhr sie deshalb vorsichtshalber zur Kontroll­un­ter­suchung ins 15 km entfernte Kinder­kran­kenhaus. Zum Glück erwies sich der Verdacht einer Augenverletzung als unbegründet. Für diese Fahrt machte der Vater 9 DM Fahrtkosten geltend.

Die Versi­che­rungs­ge­sell­schaft lehnte beide Forderungen als unbegründet ab. Ein Anspruch auf Ersatz derartiger Kosten ergebe sich aus dem Versi­che­rungs­vertrag nicht. Es dränge sich vielmehr der Verdacht auf - so die Versicherung -, daß der Kunde der Versicherung überdrüssig sei und mit seiner aussichtslosen Forderung lediglich nach einem Vorwand suche, um nach Ablehnung seiner Ansprüche aus dem Versi­che­rungs­vertrag aussteigen zu können.

So geringfügig der Betrag auch war, - die Parteien konnten sich nicht zu einer gütlichen Einigung durchringen. Somit mußte das Gericht entscheiden.

Das Amtsgericht Nürnberg gab der Versicherung recht. Eine "Bergung" im Sinne der Versi­che­rungs­be­din­gungen liege nicht vor. Unter "Bergungskosten" seien vielmehr nur solche Transportkosten zu verstehen, die erforderlich sind, um einen Verletzten aus einer Notsituation zu retten. Dies ergebe sich schon aus dem Wortlaut: "Bergen" bedeute so viel wie "retten" oder "in Sicherheit bringen".

Um einen solchen Fall handele es sich hier nicht. Hier seien die Kinder nicht etwa aus einer unfallbedingten Notlage gerettet, sondern lediglich zu einer ärztlichen Untersuchung gebracht worden. Derartige Transportkosten, wie sie auch bei ganz gewöhnlichen Erkrankungen anfallen können, seien mit dem Begriff "Bergungskosten" im Sinne der Unfall­ver­si­cherung nicht gemeint.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OLG Nürnberg

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