15.11.2024
15.11.2024  
Sie sehen eine Einbauküche in einer Wohnung.

Dokument-Nr. 2379

Drucken
Urteil05.07.2004Amtsgericht München452 C 33861/03
ergänzende Informationen

Amtsgericht München Urteil05.07.2004

Früherer Mord kein Grund für Kündigung eines MietvertragesMord stellt keine „verkehrs­we­sentliche Eigenschaft“ des Mietobjekts dar

Ein Mieter ist grundsätzlich nicht berechtigt, den Mietvertrag deshalb fristlos zu kündigen oder anzufechten, weil sich in dem Mietobjekt in früherer Zeit ein Mord ereignet hat. Das hat das Amtsgericht München entschieden.

Die Beklagten schlossen mit der Klägerin am 13.08.2003 einen auf drei Jahre (bis 01.09.2006) befristeten Mietvertrag über eine Doppel­haus­hälfte in München-Pullach zu einem Mietpreis von € 1.750,00/Monat. In dem Pullacher Anwesen Seitnerstr. 47 b hatte sich im Sommer 2001 ein Mord zugetragen: Der damalige Bewohner hatte seine Ehefrau erschlagen (sogenannter „Pullacher-Hammermord“).

Bei dem Vertragsschluss kam die Vorgeschichte nicht zur Sprache. Am 27.08.2003 wurde den Beklagten das Haus übergeben. Am Tag darauf erfuhren sie von der Vorgeschichte des Hauses. Am 29.08.2003 fochten die Beklagten den Mietvertrag an und kündigten zudem fristlos. Als Grund hierfür gaben Sie unter anderem an, dass die Klägerin die Mord-Vorgeschichte bei den Vertrags­ver­hand­lungen verschwiegen hätte. Den Beklagten könne nicht zugemutet werden in dem Haus zu wohnen, in dem sich ein solch grausiges Ereignis zugetragen habe.

Nachdem die Beklagten am 06.09.2003 die Schlüssel an die Klägerin zurück gegeben hatten, wurden sie von der Klägerin aufgefordert, zunächst Mietzins für drei Monate (September bis Dezember 2003) in Höhe von jeweils € 1,750,00 sowie Schadensersatz in Höhe von € 280,00 für Januar 2004 zu bezahlen. Ab diesem Zeitpunkt konnte die Klägerin nämlich das Haus wieder vermieten, allerdings zu einem um € 280,00 geringeren Mietzins (€ 1.470,00).

Da die Beklagten nicht zahlten, kam der Fall vor das Amtsgericht München. Dort erweiterte die Klägerin ihren Anspruch; sie wollte zusätzlich gerichtlich festgestellt haben, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin auch den zukünftigen Schaden aus der Nicht­durch­führung des Mietvertrages zu ersetzen.

Die Beklagten konterten mit einer Widerklage über € 15,000,00. Diese Kosten seien ihnen aus der Auflösung des Mietvertrages entstanden (Maklercourtage, Umzugs- und Möbelein­la­ge­rungs­kosten, Handwer­ker­kosten, Kosten für eine Ersat­zun­terkunft).

Der zuständige Richter gab durch Teilurteil vom 27.02.2004 der Klage im wesentlichen statt und wies die Widerklage im vollem Umfang ab.

Zur Begründung führte der Richter aus, dass ein Grund für eine fristlose Kündigung nicht gegeben sei; ebenso wenig sei eine Anfechtung des Mietvertrages wirksam gewesen. Den Beklagten, als Mietern, obliege die volle Darlegungs- und Beweislast für einen fristlosen Kündigungsgrund bzw. einen Anfech­tungsgrund. Die Beklagten hätten aber im Prozess weder substantiiert vortragen, noch beweisen können, dass die Klägerin bei Abschluss des Mietvertrages Kenntnis von der „Mord-Vorgeschichte“ des Hauses gehabt habe. Aber selbst wenn eine positive Kenntnis der Klägerin vorgelegen habe, träfe sie keine Offen­ba­rungs­pflicht, denn persönliche Befind­lich­keiten der Nutzer seien einer rechtlichen Bewertung nicht zugänglich. Naturgemäß seien solche persönlichen Empfind­lich­keiten stark differenzierend: Was den einen stark beeinträchtige, sei für den anderen bedeutungslos. Eine Grenzziehung, welche Befind­lich­keiten rechtlich relevant seien, sei nicht möglich. Eine Anfechtung scheitere daran, dass die Vorgeschichte des Mietobjekts keine „verkehrs­we­sentliche Eigenschaft“ des Hauses sei. Das die Klägerin das Haus in Folgezeit lediglich um € 280,00 preiswerter vermieten konnte, könne genauso gut an der allgemeinen, für Vermieter schlechter gewordene Marktlage im Hochpreis­segment liegen. Die fristlose Kündigung scheitere im übrigen schon daran, dass es - unabhängig davon, dass es für die Beklagten tatsächlich unzumutbar seien mag in dem Haus zu leben - an einem fehlenden Ursachenbeitrag der Vermieterin hierfür.

Damit musste auch die Widerklage in vollem Umfang abgewiesen werden, da es an einem Verschulden der Klägerin für den eingetretenen Schaden fehlte.

Nicht entschieden wurde mit der Teilklage über den Mietausfall für Jahr 2004 (€ 280,00) und den Feststel­lungs­antrag der Klägerin, da den Parteien nach Erlass des Teilurteils noch rechtliches Gehör gegeben werden musste.

Das Teilurteil ist rechtskräftig, da die Beklagten ihre zunächst eingelegte Berufung zum Landgericht München I zurückgenommen haben.

Quelle: ra-online,AG München (pm)

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil2379

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI