08.07.2025
Unser Newsletter wird demnächst umgestellt...

Als Nachfolger des erfolgreichen Portals kostenlose-urteile.de werden wir demnächst auch dessen Newsletter übernehmen und unter dem Namen urteile.news weiter betreiben.

Solange können Sie sich noch über kostenlose-urteile.de bei unserem Newsletter anmelden. Er enthält trotz des Namens kostenlose-urteile.de alle neuen Urteilsmeldungen von urteile.news und verweist auch dahin.

Wir bitten für die Unannehmlichkeiten um ihr Verständnis.

> Anmeldung und weitere Informationen
08.07.2025 

Dokument-Nr. 35195

Drucken
Urteil23.10.2024Amtsgericht München231 C 18392/24
ergänzende Informationen

Amtsgericht München Urteil23.10.2024

Trotz Klick auf "Jetzt zahlungs­pflichtig bestellen" kein Vertrag über ZahnbehandlungLink für Vertrags­be­stä­tigung konnte ohne Prüfung durch jeden angeklickt werden

Klickt ein anderer irrtümlich auf "Jetzt zahlungs­pflichtig bestellen", kommt kein Vertrag mit dem scheinbar Vertrags­ab­schlie­ßenden zustande, sofern keine Vollmacht erteilt worden ist. Dies hat das Amtsgericht München in einem Fall entschieden, in welchem eine Zahnklinik einer Frau eine Honora­r­for­derung stellte, der Vertrag aber irrtümlich durch ihre Freundin in Brasilien abgeschlossen worden war.

Eine Münchnerin stellte sich am 20.10.2022 in einer Zahnklinik vor, um eine kiefer­or­tho­pä­dische Behandlung wegen eines Schiefstandes im Unterkiefer in Anspruch zu nehmen. Die Behandlung sollte mittels elastischer Klarsicht­schienen (sog. "Aligner") durchgeführt werden, die nach der Erfassung des Zahnstatus eigens für den Patienten angefertigt werden. Auf Grundlage dieses Termins sandte die Zahnklinik am 25.10.2022 der Münchnerin eine E-Mail mit einem Link zu, über den sie auf ihren perso­na­li­sierten Behandlungsplan und das Angebot zugreifen konnte. Vor Abschluss des Vertrags schickte die Münchnerin die E-Mail jedoch an eine befreundete brasilianische Zahnärztin, um deren Meinung einzuholen. Am selben Tag erhielt sie eine Bestä­ti­gungsemail über den Beginn der Behandlung und am Folgetag eine Rechnung über 1.790 €. Unmittelbar darauf wandte die Münchnerin sich an die Zahnklinik und teilte mit, dass sie keinen Vertrag wollte. Die Zahnklinik gab an, dass auf den Link in der E-Mail geklickt worden sei und auf einem weiteren Fenster auf "Jetzt zahlungs­pflichtig bestellen" geklickt wurde. Sie gingen daher davon aus, dass der Vertrag zustande gekommen war.

Abrech­nungs­un­ter­nehmen treibt Honora­r­for­derung ein

Da die Münchnerin die Zahlung weiterhin verweigerte, verklagte sie ein Abrech­nungs­un­ter­nehmen, an das die Forderung zwischen­zeitlich abgetreten worden war, vor dem Amtsgericht München auf Zahlung. Das Amtsgericht München wies die Klage jedoch mit Urteil vom 23.10.2024 ab. In seinem Urteil führte das Gericht u.a. aus:

Gericht: Behand­lungs­vertrag nicht zustande gekommen

"Der Abschluss eines Behand­lungs­vertrags mit der Beklagten ist durch die Klägerseite bereits nicht hinreichend dargetan. Auch nach dem erteilten Hinweis […] erfolgte kein weiterer Vortrag der Klägerseite zu der substantiiert bestrittenen Behauptung, dass die Beklagte diejenige gewesen sei, die den Button zum Abschluss eines Behand­lungs­vertrags betätigt habe. Die Klägerseite legte weder dar, dass der Bestellbutton von der IP-Adresse der Beklagten betätigt wurde, noch, dass die Beklagte sich in irgendeiner Weise authen­ti­fi­zierte. Ausweislich des Klägervortrags konnte jede Person, der die als Anlage B1 vorgelegte E-Mail vom 25.10.2022 zugänglich war, den Bestellbutton betätigen. […]

Gericht: Freundin war keine Stell­ver­treterin

Die bekannte Zahnärztin der Beklagten in Brasilien […] handelte auch nicht als Stell­ver­treterin im Namen der Beklagten gemäß § 164 Abs. 1 BGB. […] Zwar wurde der Link in der E-Mail, der den Behand­lungs­prozess bei Aktivierung in Gang setzen soll, betätigt, die Bekannte handelte jedoch ohne Vollmacht. Zwar kann der Beklagten entge­gen­ge­halten werden, dass sie eine E-Mail mit einem Link zu einer Bestellung an jemanden weitergeleitet hat, der die deutsche Sprache nicht versteht, allerdings war aus der E-Mail […] mit der Überschrift "Hier ist dein Behandlungsplan" selbst noch nicht ersichtlich, dass man durch die Betätigung des Links auf eine Webseite gelangt, auf derer eine kosten­pflichtige Behandlung beauftragt werden kann. In der Weiterleitung ist daher auch für einen objektiven Empfänger keine Vollmacht­s­er­teilung erkennbar.

Ferner handelte die Bekannte in Brasilien hinsichtlich der Bestellung ohne Willen für die Beklagte eine rechtlich bindende Erklärung abgeben zu wollen, da sie sich ausweislich des Beklag­ten­vortrags gerade nur die Simulation anschauen und sich Informationen über die Behandlung verschaffen wollte. […] Selbst wenn man davon ausginge, dass die Weiterleitung der E-Mail der Beklagten an die Bekannte eine Vollmacht­s­er­teilung darstellt, hätte die Beklagte jedenfalls mit der E-Mail […] etwas über zwei Stunden nach Erhalt der Bestätigungs-E-Mail zum Ausdruck gebracht, dass sie von dem Vertrag Abstand nehmen möchte, weswegen der Vertrag infolge der Anfechtung nichtig wäre gem. § 142 Abs. 1 BGB. Als Vertretene wäre ihr die Anfechtung aufgrund eines Inhaltsirrtums möglich gewesen gemäß §§ 119 I 1 Alt. 1, 142 BGB. […] Es kann folglich dahinstehen, ob der Beklagten […] auch ein Widerrufsrecht gem. §§ 312 g Abs. 1, 355 BGB zugestanden hätte."

Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle: Amtsgericht München, ra-online (pm/pt)

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil35195

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI