15.11.2024
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Sie sehen einen Vertrag, der gerade unterzeichnet wird und davor die ilhouetten von zwei Personen.
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Amtsgericht München Urteil28.01.2016

Patient darf bei Absage eines OP-Termins nicht zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet werdenVon der Klinik geforderte "Stornogebühr" würde zu erwartenden Schaden weit übersteigen

Das Amtsgericht München hat entschieden, dass Allgemeine Geschäfts­bedingungen in einem Wahl­leistungs­vertrag mit einer Klinik, wonach der Patient zum Schadensersatz verpflichtet wird, wenn er einen Opera­ti­o­ns­termin absagt, in der Regel unwirksam sind.

Im zugrunde liegenden Streitfall schloss die beklagte Münchnerin am 19. Juni 2015 mit einer Schön­heits­klinik in München eine Wahlleis­tungs­ver­ein­barung über eine Magen­ba­l­lon­be­handlung und vereinbarte einen Opera­ti­o­ns­termin zur Einsetzung des Ballons für den 31. Juli 2015.

Die Vereinbarung enthält unter anderen folgende Geschäfts­be­din­gungen:

"Bei Absage oder Verschiebung eines durch den Patienten zugesagten Eingriffs­termins erhebt die (Name der Klinik) stets eine Verwal­tungs­gebühr von 60 Euro brutto. [...]

Bei Abwesenheit des Patienten am Eingriffstag oder einer kurzfristigen Absage des Eingriffs­termins erhebt die (Name der Klinik) darüber hinaus eine Stornogebühr. [...] Sie beträgt bei Absage

- weniger als 14 Tage vor dem Eingriff 40 %

- innerhalb von 7 Tagen vor dem Eingriff 60 %

- innerhalb von 48 Stunden vor dem Eingriff - oder -

- bei Abwesenheit am Eingriffstag 100 %

des Gesamt­rech­nungs­betrags brutto."

Klinik stellt wegen Absage des Termins 60 % der Behand­lungs­gebühr in Rechnung

Am 29. Juli 2015 sagte die Münchnerin den Behand­lungs­termin zunächst telefonisch und dann schriftlich ab. Die Schön­heits­klinik stellte Ihr eine Rechnung über 60 Prozent der Behand­lungs­ge­bühren, insgesamt 1.494 Euro. Die Beklagte zahlte nicht. Daraufhin erhob die Abrech­nungsfirma der Schön­heits­klinik Klage.

AG: Von der Klinik angegebener Schaden ist völlig realitätsfern

Das Amtsgericht München wies die Klage jedoch ab und erklärte die allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen der Schön­heits­klinik für unwirksam. Die von der Klinik geforderte "Stornogebühr" übersteige den normalerweise zu erwartenden Schaden und sei unangemessen hoch. Denn der Patient müsse für den Fall einer Absage innerhalb von 48 Stunden vor dem Eingriff nicht nur 100 Prozent des Bruttobetrags vergüten sondern auch noch eine Verwal­tungs­gebühr von 60 Euro zahlen. Der Patient müsse demnach bei kurzfristiger Absage des Eingriffs mehr bezahlen als er bei Durchführung des Eingriffs zu leisten hätte. Ein derart hoher Schaden sei nach Auffassung des Gerichts völlig realitätsfern und offenkundig einseitig zugunsten des Verwenders festgelegt. Die Regelung berücksichtige außerdem nicht, dass die Klinik bei Absage eines Opera­ti­o­ns­termins sich Aufwendungen wie Medikamente und Verbrauchs­ma­te­rialen, Strom- und Reini­gungs­kosten erspare, die zugunsten des Patienten abzuziehen seien.

Wirtschaftliche Interesse des Behandlers muss hinter schützenswertes Interesse des Patienten auf körperliche Unversehrtheit zurücktreten

Die Klausel benachteilige zudem den Patienten unangemessen, so das Gericht. Da die Inanspruchnahme einer Heilbehandlung ein gesteigertes persönliches Vertrau­ens­ver­hältnis zwischen Behandler und Patient voraussetze, sei allgemein anerkannt, dass Letzterer den Behand­lungs­vertrag jederzeit gemäß §§ 621 Nr. 5, 627 BGB fristlos kündigen kann, ohne hierfür sachliche (oder gar wichtige) Gründe angeben zu müssen, so das Gericht weiter. Der Patient müsse jederzeit die Möglichkeit haben, frei darüber zu entscheiden, ob er einen Eingriff in den Körper oder seine Gesundheit zulassen will. Das wirtschaftliche Interesse des Behandlers müsse gegenüber dem schüt­zens­werteren Interesse des Patienten auf körperliche Unversehrtheit zurücktreten, hieß es in der Urteils­be­gründung.

Quelle: Amtsgericht München/ra-online

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