04.12.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 4197

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Amtsgericht München Urteil12.07.2006

Baulärm ist keine Körper­ver­letzung: Duldung von Umbaumaßnahmen im MietshausKein Schmerzensgeld für Anwalt als Ausgleich für Umbau im Kanzleigebäude

Umbaumaßnahmen sind, soweit sie nicht schikanös sind, auch bei erheblicher Lärmbelästigung hinzunehmen. Daraus resultierende körperliche Beschwerden, wie zum Beispiel Kopfschmerzen, lösen keinen Schmerzens­geldanspruch aus. Dies hat das Amtsgericht München entschieden.

Der Kläger dieses Rechtsstreits ist Mitglied einer Rechts­an­walts­kanzlei, die bereits vor Jahren Kanzleiräume im Erdgeschoss des Anwesens des Beklagten angemietet hatte. Der Beklagte selbst wohnte im gleichen Anwesen und unterhielt dort über der Kanzlei ein eigenes Büro. Dieses ließ er im Laufe der zweiten Hälfte des Jahres 2004 ausbauen. Die Mitarbeiter der Kanzlei wehrten sich gegen die aus ihrer Sicht unzumutbare Lärmbelästigung mit Schreiben an den Vermieter, schließlich wurde sogar außerordentlich gekündigt. Dieser Kündigung widersetzte sich der Beklagte. Daraufhin begehrte der Kläger, der sich auch die Ansprüche seiner Kollegen abtreten ließ, 3000 Euro Schmerzensgeld vom Beklagten und erhob Klage vor dem Amtsgericht München.

Auf Grund der Bohrgeräusche habe man kaum telefonieren, diktieren oder sich konzentrieren können. Ein Kollege habe unter extremen Kopfschmerzen und Schlafstörungen gelitten Die Tätigkeit in der Kanzlei sei fast zum Erliegen gekommen. Man sei zu dem Schluss gekommen, der Vermieter wolle sie vertreiben. Aus all dem resultiere ein Schmer­zens­geldan­spruch. Der Beklagte wies die Vorwürfe zurück. Bereits die Tatsache, dass er sich gegen die Kündigung gewehrt habe, zeige, dass er die Mieter sehr wohl behalten wolle. Er habe auch alles veranlasst, um die Belästigung möglichst gering zu halten.

Das Amtsgericht München wies die Klage ab. Dabei legte der zuständige Richter bei der Beurteilung der Klage zugunsten des Klägers dessen Behauptungen zugrunde. Selbst unterstellt, alle die vorgetragenen Lärmbe­läs­ti­gungen hätten vorgelegen, stünde dem Kläger jedoch kein Schmerzensgeld zu, da eine Körper­ver­letzung -weder vorsätzlich noch fahrlässig begangen- nicht vorläge.

Insbesondere läge keine "Entmietung" vor. Der Beklagte habe sich vehement gegen die Kündigung des Klägers und seiner Kollegen gewehrt. Das lasse nur den Schluss zu, dass nie eine Störung der Mieter über das unvermeidliche Maß hinaus gewollt war oder auch nur in Kauf genommen wurde. Vorsatz läge daher eindeutig nicht vor. Aber auch Fahrlässigkeit könne man dem Beklagten nicht vorwerfen. Elemente der Fahrlässigkeit seien die Pflicht­wid­rigkeit des Verhaltens, die Vorher­seh­barkeit der Körper­ver­letzung und die Rechts­wid­rigkeit des Verhaltens. Auch wenn die Pflicht­wid­rigkeit bejaht werden könnte durch die intensiven Umbaumaßnahmen ohne ausreichenden Lärmschutz, läge jedoch keine Rechts­wid­rigkeit vor, da das Verhalten des Beklagten sozial adäquat war und sei. Moder­ni­sie­rungs­maß­nahmen seien dem Vermieter grundsätzlich erlaubt. Das bedeute, dass auch erhebliche Lärment­wick­lungen, sofern sie nicht schikanös sind, zu dulden seien. Die Rechtsordnung nehme dabei in Kauf, dass diese auf Grund des Erfordernisses gegenseitiger Rücksichtnahme zu ertragen seien. Als Ausgleich stünden dafür den Mietern die Möglichkeit der Mietminderung und Kündigung zu.

Zum Schluss wies der Richter auch darauf hin, dass Kopfschmerzen, die mit Aspirin behandelt werden können und Schlafstörungen in dem vorgetragenen doch recht geringen Umfang auch nur als vorübergehende Gesund­heits­s­törung im untersten Bereich gewertet werden können, auch wenn sie bedauerlich seien. Ein Schmer­zens­geldan­spruch wäre daher auch aus diesem Grund zu verneinen.

Quelle: ra-online, AG München (pm)

der Leitsatz

1. Umbaumaßnahmen sind, soweit sie nicht schikanös sind, auch bei erheblicher Lärmbelästigung hinzunehmen. Daraus resultierende körperliche Beschwerden, wie zum Beispiel Kopfschmerzen, lösen keinen Schmer­zens­geldan­spruch aus.

2. Moder­ni­sie­rungs­maß­nahmen sind dem Vermieter grundsätzlich erlaubt. Das bedeutet, dass auch erhebliche Lärment­wick­lungen, sofern sie nicht schikanös sind, zu dulden sind. Die Rechtsordnung nimmt dabei in Kauf, dass diese aufgrund des Erfordernisses gegenseitiger Rücksichtnahme zu ertragen sind. Als Ausgleich stehen dafür den Mietern die Möglichkeit der Mietminderung und Kündigung zu.

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