Dokument-Nr. 466
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Amtsgericht München Urteil05.03.2005
Freundlichkeit führte zur Bekanntschaft mit dem Gerichtsvollzieher
Im Jahre 1999 verstarb ein entfernter Vetter des späteren Klägers. Der Verstorbene hatte einen "Handy-Vertrag" mit der Beklagten. Da der Kläger von diesem Vertrag wusste, benachrichtigte er die Beklagte von dem Tod des Vetters und führte in diesem Schreiben wörtlich aus: "Wir sehen uns als seine Verwandten in der Pflicht, den Vertrag zu kündigen". Was der Kläger, der zu diesem Zeitpunkt noch bei seiner Mutter in München wohnte, damit in Gang setzte, war ihm allerdings nicht bewusst. Die Beklagte übersandte dem Kläger unter der Münchener Adresse mehrere Rechnungen über ausstehende Gesprächsgebühren, mahnte mehrmals, leitete ein Mahnverfahren ein, dass schließlich in einen Vollstreckungsbescheid mündete, der einen rechtskräftigen Titel darstellt, der auch dazu ermächtigt, einen Gerichtsvollzieher mit der Beitreibung der Forderung zu beauftragen. Von diesem allen hatte der Kläger keine Kenntnis, da er kurze Zeit nach der Mitteilung an die Beklagte (dass der Vetter gestorben sei) eine eigene Wohnung in Taufkirchen bezog. Sämtliche Schreiben die an seine ehemalige Münchner Adresse gerichtet waren, leitete die Mutter des Klägers nicht an diesen weiter, da sie schwer nervenkrank war und auch andere wichtige, teilweise behördliche Schreiben, in Folge ihrer Krankheit vernichtete bzw. darauf nicht reagierte. Der Kläger erfuhr erst von der ganzen Sache, als die Gerichtsvollzieherin bei ihm vor der Tür stand und pfänden wollte (die Beklagte hatte mittlerweile seine neue Adresse recherchiert). Daraufhin schaltete der Kläger einen Anwalt ein, der für ihn vor dem Amtsgericht München auf Herausgabe des Vollstreckungstitels klagte und vom Gericht festgestellt wissen wollte, dass eine Zwangsvollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid unzulässig sei. So kam der Fall vor das Amtsgericht München.
Vor Gericht ließ die Beklagte vortragen, dass sie aufgrund des Mitteilungsschreibens des Klägers aus dem Jahre 1999 angenommen habe, dass der Kläger auch der Erbe des verstorbenen Vetters sei und damit für dessen sämtliche Verbindlichkeiten hafte. In dieser Auffassung habe sie sich bestärkt gesehen, da nach der Übersendung von Rechnungen, Mahnungen bzw. der Einleitung eines Mahnverfahrens keine Reaktion von Seiten des Klägers kam.
Die zuständige Richterin gab dem Kläger in vollem Umfang recht. Sie sah das Verhalten der Beklagten als vorsätzliche sittenwidrige Schädigung im Sinne des § 826 BGB an. Die Beklagte habe sich den Vollstreckungsbescheid erschlichen, da sie ihre Forderungen lediglich auf eine Vermutung, dass der Kläger Erbe sei, gestützt habe. Allein das Schreiben des Klägers aus dem Jahre 1999 habe jedoch zu solch einer Vermutung keinerlei Anlass gegeben. Weitere Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger Erbe sei, habe die Beklagte nicht gehabt. Damit habe die Beklagte aufs Geratewohl einen Mahnbescheid und später einen Vollstreckungsbescheid gegen den an der ganzen Angelegenheit überhaupt nicht beteiligten Kläger erwirkt, in der bloßen Hoffnung, sie werde schon den Richtigen treffen. Wer aber in dieser Weise handele, der nehme zumindest billigend in Kauf, dass er einen völlig unbeteiligten Nichtschuldner mit einem Gerichtsverfahren überziehe. Solches Verhalten sei als vorsätzliche sittenwidrige Schädigung zu qualifizieren und könne von der Rechtsordnung nicht hingenommen werden.
Da aufgrund dieses Urteils eine weitere Vollstreckung für die Beklagte nicht möglich ist, bleibt sie nun auf ihrer Forderung in Höhe von EURO 164,67 sitzen.
Das Urteil ist rechtskräftig.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 30.05.2005
Quelle: Pressemitteilung des AG München vom 25.04.2005
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