23.11.2024
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Amtsgericht München Urteil31.08.2010

Betrugsvorwurf: Verkäufer muss bei Irrtum über nicht bezahlte Rechnung dem Kunden kein Schmerzensgeld zahlenKunde verlangt Schmerzensgeld wegen Verletzung des allgemeinen Persön­lich­keits­rechts

Ein Mahnschreiben, dass dem anderen unterstellt, sich eine Ware erschlichen zu haben, führt nicht ohne weiteres zu einem Schmer­zens­geldan­spruch, wenn der Verkäufer davon ausging, es sei tatsächlich nichts bezahlt worden und das Schreiben darüber hinaus keine Beleidigungen oder Schmähungen enthält.

Anfang Januar 2010 kaufte der spätere Kläger bei einem Händler 27 Quadratmeter Fliesen zum Preis von 1124 Euro. Er zahlte 500 Euro an und überwies den Rest später auf das Konto des Verkäufers. Anschließend holte er die bestellte Ware ab. Er legte zum Beweis, dass er bereits alles bezahlt habe, den Überwei­sungsbeleg vor, von dem die Mitarbeiterin des Händlers allerdings keine Ablichtung fertigte. Er bekam darauf hin seine Ware.

Händler fand in der Buchhaltung keinen Zahlungseingang und wirft dem Kunden Betrug vor

Als der Händler in seinen Buchhal­tungs­un­terlagen nachsah, konnte er keinen Zahlungseingang feststellen. In der Annahme, er sei getäuscht worden, versuchte er zunächst den Kunden telefonisch zu erreichen. Als dies nicht gelang, schrieb er ihm einen Brief, in dem er ihn zur Zahlung des Restbetrages aufforderte und ihm vorwarf, sich mit einem gefälschten Überwei­sungs­träger die Fliesen erschlichen zu haben. Gleichzeitig drohte er auch eine Strafanzeige an, sollte nicht bezahlt werden.

Kunde schaltet Anwalt ein und verlangt Schmerzensgeld

Geschockt wandte sich der Kunde an einen Anwalt, der wiederum vom Händler eine Entschuldigung und Schmerzensgeld forderte für den Vorwurf des Betruges.

Händler entschuldigte sich

Dieser entschuldigte sich auch, nachdem sich der Sachverhalt aufgeklärt hatte. Die Zahlung eines Schmer­zens­geldes lehnte er allerdings ab. Er bot ihm zur Kompensation einen großzügig gefüllten Geschenkkorb an, den allerdings der Kläger nicht wollte. Dieser erhob schließlich Klage vor dem Amtsgericht München. Er sei zutiefst gekränkt worden. Insbesondere die Bezichtigung, er habe einen Betrug begangen, habe ihn schwer aufgewühlt. Das Inaus­sicht­stellen der Strafanzeige habe auch eine Drohung dargestellt.

Kunde verlangt vor Gericht 1.000 Euro Schmerzensgeld

Ihm stehe daher ein Schmer­zens­geldan­spruch zu, der mindestens 1.000 Euro betragen müsse. Der Händler wiederum wandte ein, dass er zum Zeitpunkt des Mahnschreibens davon ausgegangen sei, der Kunde habe ihn getäuscht. Nachdem er ihn telefonisch nicht erreichen konnte, seien in dem Schreiben seine Gefühle der Ohnmacht und des Ärgers zum Ausdruck gekommen. Eine Ehrverletzung habe er nie gewollt.

Gericht weist Schmer­zens­geldklage ab

Das Amtsgericht München urteilte, dass der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung eines Schmer­zens­geldes wegen Verletzung seines allgemeinen Persön­lich­keits­rechtes habe. Dieses schütze die soziale Anerkennung des Einzelnen, insbesondere auch vor Äußerungen, die sich abträglich auf sein Bild in der Öffentlichkeit auswirken können. Die Äußerungen des Händlers wären aber ausschließlich für den Kläger bestimmt gewesen. Schon aus diesem Grunde sei es fraglich, ob eine Verletzung des Persön­lich­keits­rechts vorliege.

Kein wider­recht­licher Eingriff in das Persön­lich­keitsrecht

Auf jeden Fall sei der Eingriff aber nicht widerrechtlich erfolgt. Bei der Beurteilung dieser Frage sei eine Gesamtabwägung der Umstände vorzunehmen. Das Mahnschreiben beinhalte die Unterstellung, die Überwei­sungs­belege seien gefälscht worden, eine Strafanzeige diesbezüglich werde angedroht. Das Schreiben habe somit zwei Komponenten, eine auf die persönliche Ebene bezogene und eine nötigende. Der Kläger habe sich, für das Gericht nachvollziehbar, sehr gekränkt gefühlt. Er sei auch ein halbes Jahr danach noch sichtlich erregt und aufgebracht gewesen.

Verkäufer irrte sich - er ging davon aus, dass die Ware nicht bezahlt wurde

Zugunsten des Beklagten sei jedoch zu sehen, dass dieser, wenn auch irrig, davon ausgegangen sei, der Kläger habe noch nicht bezahlt und somit sein Schreiben als gerechtfertigt ansah. Das Schreiben bringe auch nur zum Ausdruck, dass der Beklagte sich getäuscht fühle. Darüber hinaus gehende Beleidigungen oder Schmähkritik enthalte das Schreiben nicht. Die Androhung der Strafanzeige sei ebenfalls keine Nötigung. Als Reaktion auf das, wenn auch fälsch­li­cherweise angenommene, betrügerische Handeln des Klägers, sei es zulässig und sollte den Kläger nur zu einer Zahlung veranlassen, auf die der Beklagte grundsätzlich Anspruch hatte.

Quelle: ra-online, Amtsgericht München (pm/pt)

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