Dokument-Nr. 14595
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- JuS 2012, 179 (Bernd Hecker)Zeitschrift: Juristische Schulung (JuS), Jahrgang: 2012, Seite: 179, Entscheidungsbesprechung von Bernd Hecker
Amtsgericht Lübeck Urteil08.06.2011
Bespritzen mit Sperma begründet Strafbarkeit wegen KörperverletzungSchlafstörungen und Krampfanfälle als Tatfolgen begründen Strafbarkeit
Wer eine Person mit zuvor abgefülltem Sperma bespritzt und dadurch über ein bloßes Ekelgefühl hinausgehende psychische oder physische Beeinträchtigungen verursacht, macht sich einer vorsätzlichen Körperverletzung strafbar. Dies hat das Amtsgericht Lübeck entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Der Täter befriedigte sich selbst, fing dabei sein Sperma in einem Becher auf und füllte dieses in ein leeres Augentropfen-Fläschchen. Sodann begab er sich zu einem Supermarkt in der Absicht, eine äußerlich von ihm als attraktiv empfundene Frau mit dem Sperma zu bespritzen. In der Schlange im Kassenbereich spritzte er der vor ihm stehenden Frau das Sperma im Bereich ihres Gesäßes auf ihre Kleidung. Die Frau bemerkte dies, griff an ihrem Gesäß und dabei in das auf ihre Kleidung befindliche Sperma. Sie roch an ihrer Hand und bemerkte, dass es sich bei der Flüssigkeit um Sperma handelte. Sie stellte den Täter daraufhin zur Rede und rief die Polizei. Die Frau litt seit ihrem dreizehnten Lebensjahr unter psychischen Problemen und wurde zudem im Alter von 15 Jahren Opfer einer Vergewaltigung. Zudem hatte sie Multiple Sklerose, was sich beim Auftreten von Stress in Muskelkrämpfen äußerte. Nach der Tat litt sie unter massiven Schlafstörungen und erlitt wiederholt erhebliche Krampfanfälle.
Strafbarkeit wegen vorsätzlicher Körperverletzung
Das Amtsgericht Lübeck verurteilte den Täter wegen vorsätzlicher Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten ohne Bewährung.
Die Voraussetzungen dazu haben vorgelegen. Zwar sei eine Einwirkung, die lediglich das seelische Wohlbefinden berührt, nicht ausreichend. Daher bleiben das Auslösen bloßer Angst- oder Panikgefühle sowie das Erregen eines Ekelgefühls straflos. Wenn aber infolge des Abscheus oder Ekels körperliche Wirkungen hinzutreten, wie etwa Magenschmerzen, Erbrechen und Atemnot, komme eine Strafbarkeit in Betracht. Es genügen sogar solche psychischen Beeinträchtigungen aus, die den Körper in einem krankhaften Zustand versetzen. Deshalb seien Tatfolgen wie Krampfanfälle und Schlaflosigkeit sowie Angstzustände und Zittern jedenfalls dann als Körperverletzung anzusehen, wenn sie nicht nur unerheblichen Ausmaßes sind. Dies sei hier der Fall gewesen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 12.11.2012
Quelle: Amtsgericht Lübeck, ra-online (vt/rb)
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