18.10.2024
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Sie sehen einen Vertrag, der gerade unterzeichnet wird und davor die ilhouetten von zwei Personen.

Dokument-Nr. 18775

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Amtsgericht Hamburg Urteil17.05.2013

Widerrufsrecht nach 4 Jahren: Inkas­so­un­ter­nehmen kann Zahlungstitel für Lotterievertrag nicht durchsetzenAngeblicher Lotterievertrag am Telefon

Ist bereits gegen einen Schuldner ein Zahlungstitel ergangen, so hat er die Möglichkeit gegen diesen im Wege einer so genannten Vollstreckungs­abwehrklage vorzugehen, wenn er berechtigte Einwendungen gegen den Zahlungstitel hat. Das musste nun auch ein Inkas­so­un­ter­nehmen feststellen, das angebliche Forderungen aus einem Lotterievertrag gegen einen Rentner vollstrecken wollte.

Im zugrunde liegenden Fall klagte ein Rentner aus Hamburg. Dieser wurde ab Frühjahr 2009 mehrfach angerufen. Damals versuchten Mitarbeiter einer angeblichen Lotto-Firma, dem Hamburger am Telefon Lose zu verkaufen. Monatlich 49 Euro sollte der Mann bei so genannten "TOP 200-Gewinnspielen" einsetzen. Als der Rentner ablehnte, bedrängte die angebliche Lotto-Firma den 74-jährigen über mehrere Wochen mit Anrufen und versuchte ihn dazu zu bewegen, der Abbuchung zuzustimmen - ohne Erfolg.

Inkas­so­un­ter­nehmen geht gegen Rentner vor

Drei Jahre später erwirkte ein Inkas­so­un­ter­nehmen einen Zahlungstitel gegen den Rentner. Weil der Rentner den Zahlungstitel scheinbar nicht ernst nahm und sich nicht wehrte, kündigte eines Tages ein Gerichts­voll­zieher seinen Besuch an. Erst zu diesem Zeitpunkt holte der Rentner anwaltlichen Rat ein und erhob im Januar 2013 eine Vollstreckungsabwehrklage gegen die Zwangs­voll­streckung aus dem Zahlungstitel.

Vollstre­ckungs­ab­wehrklage erfolgreich - Kläger hat Widerrufsrecht

Das zuständige Amtsgericht Hamburg gab dem Rentner Recht. Die Vollstre­ckungs­ab­wehrklage (§§ 767 Abs. 1, 2 ZPO) sei zulässig und begründet. Der Kläger habe seine auf eine entgeltliche Teilnahme an Gewinnspielen gerichtete Willen­s­er­klärung aus dem Frühjahr 2009 mit Erhebung dieser Klage wirksam widerrufen. Bei dem angeblichen Vertrag handele es sich nämlich um ein Fernab­satz­ge­schäft und daher habe der Kläger ein Widerrufsrecht. Das Widerrufsrecht war auch - obwohl mittlerweile vier Jahre vergangen waren - noch nicht erloschen, weil der Kläger seinerzeit nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht unterrichtet worden sei, führte das Amtsgericht Hamburg aus. Das Amtsgericht konnte auch nicht feststellen, dass der Kläger überhaupt in irgendeiner Weise über sein Widerrufsrecht belehrt worden war.

Zwar bestehe ein Widerrufsrecht nicht bei Fernab­satz­ge­schäften, die auf die Erbringung von Wett- oder Lotterie-Dienst­leis­tungen gerichtet sind (§ 312 d Abs. 4 Nr. 4 BGB a.F.). Diese Vorschrift erfasse aber nur Verträge, die staatlich genehmigt und gemäß § 763 BGB verbindlich sind. Derartige Dienst­leis­tungen waren aber nicht Gegenstand des hier strittigen Lotte­rie­ver­trages.

Vertrag muss rückabgewickelt werden

Durch den Widerruf habe sich das Vertrags­ver­hältnis in ein Rückab­wick­lungs­schuld­ver­hältnis gewandelt. Daher stünde dem titulierten Anspruch gegen den Kläger (Rentner) hier im Rahmen der Vollstre­ckungs­ab­wehrklage der Einwand des nachträglichen Wegfalls der titulierten Verpflichtung entgegen.

Das Amtsgericht Hamburg erklärte daher die Zwangs­voll­streckung gegen den Rentner für unzulässig und verurteilte das Inkas­so­un­ter­nehmen zudem, den Zahlungstitel herauszugeben (analog § 371 BGB).

Quelle: ra-online, Amtsgericht Hamburg (eingesandt von RA Kay Ole Johannes, Hamburg)

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