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Amtsgericht Hamburg Urteil17.05.2013
Widerrufsrecht nach 4 Jahren: Inkassounternehmen kann Zahlungstitel für Lotterievertrag nicht durchsetzenAngeblicher Lotterievertrag am Telefon
Ist bereits gegen einen Schuldner ein Zahlungstitel ergangen, so hat er die Möglichkeit gegen diesen im Wege einer so genannten Vollstreckungsabwehrklage vorzugehen, wenn er berechtigte Einwendungen gegen den Zahlungstitel hat. Das musste nun auch ein Inkassounternehmen feststellen, das angebliche Forderungen aus einem Lotterievertrag gegen einen Rentner vollstrecken wollte.
Im zugrunde liegenden Fall klagte ein Rentner aus Hamburg. Dieser wurde ab Frühjahr 2009 mehrfach angerufen. Damals versuchten Mitarbeiter einer angeblichen Lotto-Firma, dem Hamburger am Telefon Lose zu verkaufen. Monatlich 49 Euro sollte der Mann bei so genannten "TOP 200-Gewinnspielen" einsetzen. Als der Rentner ablehnte, bedrängte die angebliche Lotto-Firma den 74-jährigen über mehrere Wochen mit Anrufen und versuchte ihn dazu zu bewegen, der Abbuchung zuzustimmen - ohne Erfolg.
Inkassounternehmen geht gegen Rentner vor
Drei Jahre später erwirkte ein Inkassounternehmen einen Zahlungstitel gegen den Rentner. Weil der Rentner den Zahlungstitel scheinbar nicht ernst nahm und sich nicht wehrte, kündigte eines Tages ein Gerichtsvollzieher seinen Besuch an. Erst zu diesem Zeitpunkt holte der Rentner anwaltlichen Rat ein und erhob im Januar 2013 eine Vollstreckungsabwehrklage gegen die Zwangsvollstreckung aus dem Zahlungstitel.
Vollstreckungsabwehrklage erfolgreich - Kläger hat Widerrufsrecht
Das zuständige Amtsgericht Hamburg gab dem Rentner Recht. Die Vollstreckungsabwehrklage (§§ 767 Abs. 1, 2 ZPO) sei zulässig und begründet. Der Kläger habe seine auf eine entgeltliche Teilnahme an Gewinnspielen gerichtete Willenserklärung aus dem Frühjahr 2009 mit Erhebung dieser Klage wirksam widerrufen. Bei dem angeblichen Vertrag handele es sich nämlich um ein Fernabsatzgeschäft und daher habe der Kläger ein Widerrufsrecht. Das Widerrufsrecht war auch - obwohl mittlerweile vier Jahre vergangen waren - noch nicht erloschen, weil der Kläger seinerzeit nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht unterrichtet worden sei, führte das Amtsgericht Hamburg aus. Das Amtsgericht konnte auch nicht feststellen, dass der Kläger überhaupt in irgendeiner Weise über sein Widerrufsrecht belehrt worden war.
Zwar bestehe ein Widerrufsrecht nicht bei Fernabsatzgeschäften, die auf die Erbringung von Wett- oder Lotterie-Dienstleistungen gerichtet sind (§ 312 d Abs. 4 Nr. 4 BGB a.F.). Diese Vorschrift erfasse aber nur Verträge, die staatlich genehmigt und gemäß § 763 BGB verbindlich sind. Derartige Dienstleistungen waren aber nicht Gegenstand des hier strittigen Lotterievertrages.
Vertrag muss rückabgewickelt werden
Durch den Widerruf habe sich das Vertragsverhältnis in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis gewandelt. Daher stünde dem titulierten Anspruch gegen den Kläger (Rentner) hier im Rahmen der Vollstreckungsabwehrklage der Einwand des nachträglichen Wegfalls der titulierten Verpflichtung entgegen.
Das Amtsgericht Hamburg erklärte daher die Zwangsvollstreckung gegen den Rentner für unzulässig und verurteilte das Inkassounternehmen zudem, den Zahlungstitel herauszugeben (analog § 371 BGB).
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 03.09.2014
Quelle: ra-online, Amtsgericht Hamburg (eingesandt von RA Kay Ole Johannes, Hamburg)
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