Die Besucherin eines Gasthauses bekam als Vorspeise eine Suppe serviert, an der sie sich den Mundraum verbrannte. Nach ärztlichem Attest erlitt die Frau ein ausgeprägtes Ödem der Unterlippe mit Blasenbildung sowie eine starke Rötung an Gaumen und Wangenschleimhaut. Die Frau verlangte daraufhin vom Gastronom die Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 1.800 DM. Zu ihrer Begründung führte sie Klägerin aus, sie habe den Löffel nur halbvoll mit Suppe gefüllt und äußerst vorsichtig in den Mund geflößt. Trotz dieser Verhaltensweise sei es zu den Verbrennungen zweiten Grades gekommen. Nach Ansicht der Klägerin müsse die Suppe in der Mikrowelle erhitzt worden sein.
Das Amtsgericht Hagen wies die Klage ab. Es bestehe kein Schmerzensgeldanspruch, der sich aus § 847 BGB ergeben könnte. Die Klägerin habe eine Gesundheitsverletzung nicht schlüssig und widerspruchsfrei darlegen können, da das ärztliche Attest keine Angaben über äußere Verletzungen des Mundraumes enthielt. Ein weiteres zahnärztliches Attest habe zudem bestätigen können, dass äußerlich keine krankhaften Anzeichen zu erkennen gewesen seien.
Unabhängig von der unstimmigen Darstellung der Verletzungen habe der beklagte Gastronom seine Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt. Grundsätzlich muss demnach jeder, der eine Gefahrenquelle schafft, Vorkehrungen zum Schutze Dritter treffen. Jedoch sei er nicht verpflichtet, Vorsorge für alle erdenkbaren, entfernten Möglichkeiten einer Schädigung zu treffen. Lediglich diejenigen Vorkehrungen seien verpflichtend, die nach den Sicherheitserwartungen des jeweiligen Verkehrs im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren geeignet sind, Gefahren abzuwenden (vgl. BGH, NJW 1985, 1076). Zu den Pflichten eines Gastronom gehöre es, eine Speise eßfertig und hygienisch einwandfrei zu servieren. Der Gastronom sei aber nicht zu einer vorherigen Geschmacksprobe verpflichtet (vgl. OLG Karlsruhe, VersR 1968, 311). Je erkennbarer eine Gefahr sei, umso weniger Vorkehrungen müsse der Betreiber der Gefahrenquelle treffen. Da im vorliegenden Fall die servierte Suppe noch gedampft habe, musste dies als eindeutiges Signal für die mögliche Gefahr einer Verbrennung verstanden werden. Der Gastwirt sei nicht verpflichtet, auf diesen Umstand gesondert hinzuweisen. Anders wäre es, wenn erhitztes Eßgeschirr oder Porzellan gereicht würde, da hier die Gefahr nicht sofort zu erkennen sei.
Da ein Gast jedoch erwarte, dass eine Suppe heiß serviert wird, sei ein entsprechender Hinweis unnötig. Demnach habe der Beklagte im vorliegenden Fall seine Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt. Die Forderung der Klägerin auf Schmerzensgeld wies das Gericht daher ab.
Erläuterungen
Das Urteil ist aus dem Jahr 1996 und erscheint im Rahmen der Reihe "Wissenswerte Urteile".
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 06.01.2012
Quelle: ra-online, Amtsgericht Hagen (vt/st)