18.10.2024
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Dokument-Nr. 1378

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Amtsgericht Coburg Urteil29.08.2002

In welchem Umfang kann die Kfz-Haftpflicht­ver­si­cherung beim alkoholisierten Fahrer Regress nehmen?Ein Anstoß zuviel

Wer alkoholisiert ein Kfz steuert, setzt nicht nur Leib und Leben anderer aufs Spiel, sondern auch seine Euro-Bestände erheblichen Gefahren aus. Schon bei Promillewerten deutlich unter 1, kann ein Verkehrsunfall – selbst ohne Personenschaden – für den Fahrer sehr teuer werden: Neben Geldstrafe/-buße und Führer­schein­kosten droht der Regress der Haftpflicht­ver­si­cherung bis zu 5.000,- €.

Das zeigt ein vom Amtsgericht Coburg behandelter Fall. Eine Autofahrerin war mit ,88 %o Alkohol im Blut unterwegs, wurde in einen Verkehrsunfall verwickelt – und jetzt verurteilt, ihrer Versicherung rund 4.400,- € zu erstatten, die diese an den Unfallgegner gezahlt hatte.

Die Klägerin fuhr mit dem Pkw ihres Vaters sowie – nach eigenen Angaben – zwei Sekt und zwei Bier (zuviel) intus gegen 3.30 Uhr morgens durch Gießen. Als sie wenden wollte, kam es zur Kollision mit einem hinter ihr fahrenden Taxi. Eine Bluta­l­ko­hol­un­ter­suchung bei ihr ergab für den Unfallzeitpunkt ,88 %o. Die beklagte Haftpflicht­ver­si­cherung des väterlichen Autos regulierte zwar den Schaden des Unfallgegners, entzog ihr als Fahrerin aber gleichzeitig bis 5.000,- € den Versi­che­rungs­schutz und verlangte 4.400,- € zurück. Zu Unrecht, meinte die Klägerin, habe ihre Alkoholisierung den Unfall doch nicht herbeigeführt – was sie vom Amtsgericht Coburg festgestellt wissen wollte.

Ihrer Klage war jedoch nicht nur kein Erfolg beschieden, sondern sie wurde auf die Widerklage der Versicherung zur Zahlung genau der geforderten Regressleistung verurteilt. Das Gericht führte aus, nach gesicherten wissen­schaft­lichen Erkenntnissen beeinträchtigte bereits ein Alkoholwert wie der der Klägerin erheblich das Reakti­o­ns­vermögen und steigere deutlich die Risiko­be­reit­schaft. Das riskante Wendemanöver sei ein typischerweise durch Alkoholgenuss bedingtes Fehlverhalten und lasse auf eine alkoholbedingte Fahrun­tüch­tigkeit schließen. Und den Anscheinsbeweis dafür, dass die zumindest mitursächlich für den Unfall war, habe die Klägerin nicht entkräften können.

Erläuterungen
Zur Rechtslage:

Die Regress­mög­lichkeit der Haftpflicht­ver­si­cherung ergibt sich aus den regelmäßig mit in den Versi­che­rungs­vertrag einbezogenen „Allgemeinen Bedingungen für die Kraft­fahrt­ver­si­cherung“, kurz „AKB“ (dem „Kleingedruckten“). Wer unter Alkoholeinfluss einen Unfall (mit)verursacht, hat danach regelmäßig keinen Grund zum Feiern mehr. Zwar muss die Versicherung gegenüber dem Unfallgegner regulieren. Doch sie holt sich praktisch immer bis zu 5.000.- € vom Fahrer zurück. Und dass der einmal beweisen kann, dass der Alkohol für die Unfal­l­ent­stehung keine Rolle spielte, ist die absolute Ausnahme. Alkoholbedingte Fahrun­tüch­tigkeit wird von den Gerichten schon bei Promillewerten weit unter 1,1 angenommen, wenn zusätzliche Umstände (z. B. auffällig unsichere Fahrweise) hinzutreten.

Die maßgebliche Klausel lautet:

§ 2 b AKB [Einschränkungen des Versi­che­rungs­schutzes]:

(1) Obliegenheiten vor Eintritt des Versi­che­rungs­falles: Der Versicherer ist von der Verpflichtung zur Leistung frei,

a) ...

e) in der Kraftfahrzeug-Haftpflicht­ver­si­cherung, wenn der Fahrer infolge des Genusses alkoholischer oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen.

Gegenüber dem Versi­che­rungs­nehmer, dem Halter oder dem Eigentümer befreit eine Oblie­gen­heits­ver­letzung (...) den Versicherer nur dann von der Leistungs­pflicht, wenn der Versi­che­rungs­nehmer, der Halter oder der Eigentümer die Oblie­gen­heits­ver­letzung selbst begangen oder schuldhaft ermöglicht hat.

(2) Bei Verletzung einer nach Abs. 1 vereinbarten Obliegenheit (...) ist der Rückgriff des Versicherers (...) gegen den Versi­che­rungs­nehmer und die mitversicherten Personen bei jedem einzelnen Rückgriffs­schuldner auf DM 10.000.- beschränkt. (...)

Quelle: Pressemitteilung des LG Coburg vom 03.01.2003

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