Dokument-Nr. 1482
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Amtsgericht Coburg Entscheidung
Verlust der EC-Karte: Schnelles Abheben kann teuer werden
Wird einem Barbesucher die EC-Karte aus der Jacke gestohlen und hebt der Dieb nach drei Stunden bereits das erste Mal Geld ab und - bevor die Karte gesperrt wird - ein weiteres Mal, so muss der Kartenbesitzer den vertraglich festgelegten Teil des Schadens selbst tragen, weil durch das schnelle Abheben der Schluss nahe liegt, dass Karte und Geheimzahl zusammen aufbewahrt wurden.
Der zunehmende bargeldlose Zahlungsverkehr macht Langfingern das Leben schwerer – ist doch in den Brieftaschen potentieller Opfer oft praktisch nur Plastik zu finden. Und das ist nur dann zu Bargeld zu machen, wenn die sogenannte PIN-Nummer bekannt ist oder vom Dieb herausgefunden wird. Dann allerdings kann es für das Opfer richtig teuer werden.
Das bekam ein Coburger ec-Kartenbesitzer zu spüren, dem eines Abends in einer Bar in Eger/Tschechien seine Karte aus der Brusttasche des Jackets gestohlen wurde. Nur drei Stunden später erleichterte der Dieb das Konto des zu diesem Zeitpunkt noch ahnungslosen Urlaubers an einem Geldautomaten um ca. 2.200.- DM. Und damit nicht genug: in der folgenden Nacht hob er erneut ca. 2.200.- DM ab. Erst dann bemerkte der so „Erleichterte“ das über ihn hereingebrochene Ungemach und ließ die Karte sperren.
Die Bank ersetzte ihm lediglich gut die Hälfte seines Schadens, nämlich 2.400.- DM. In Höhe der restlichen 2.000.- DM verweigerte sie unter Hinweis auf ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Zahlung. Dort stand zu lesen, dass der Karteninhaber bei „grober Fahrlässigkeit“ 1.000.- DM pro Kalendertag, an dem die ec-Karte missbraucht wurde, selbst zu tragen hatte. Und – so die Bank - von einer solchen groben Fahrlässigkeit sei hier auszugehen. Es stehe nämlich zu vermuten, dass der Kunde seine Sorgfaltspflichten verletzt und dem Dieb die Kenntnis der zur Abhebung nötigen PIN-Nummer grob fahrlässig ermöglicht habe. Das wollte der Geschädigte nicht hinnehmen. Er klagte die 2.000.- DM beim Amtsgericht Coburg ein.
Dies aber ohne Erfolg. Das Amtsgericht folgte der Argumentation des Kreditinstitutes. Zwar sei richtig, dass in anderen ähnlich gelagerten Prozessen Gerichte – nach Einschaltung von Sachverständigen - zu dem Ergebnis gelangt seien, dass entsprechend versierte Gauner durch Ausprobieren mit einem Laptop die Geheimnummer entschlüsseln könnten. Diese Fälle seien jedoch mit dem zu entscheidenden nicht vergleichbar. Denn zwischen Diebstahl und Abhebung hätten hier – anderes als in den Vergleichsfällen - nur drei Stunden gelegen, außerdem seien die Abhebungen ohne Fehlversuch erfolgt. Der Zeitraum von drei Stunden habe aber keinesfalls ausgereicht, um eine fehlerfreie Dechiffrierung vorzunehmen. Daher spreche der erste Anschein dafür, dass der Dieb mit der Karte auch einen Vermerk über die Geheimzahl erbeutet habe. Und wer seine Geheimzahl notiere und die Notiz zusammen mit der ec-Karte bei sich führe, handele jedenfalls grob fahrlässig.
Die PIN-Nummer gehört also ins Gedächtnis, nicht auf Karte oder Zettel. Und wer sie sich nicht merken kann, sollte lieber beim Zahlungsverkehr mittels Bargeld bleiben. Dann kann nicht mehr gestohlen werden, als die Brieftasche hergibt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 10.04.2000
Quelle: ra-online Redaktion, Pressemitteilung des LG Coburg vom 10.04.2000
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