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Dokument-Nr. 3649

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss22.11.2006

"De-facto-Vaterschaft" gemäß § 1685 Abs. 2 BGB ist kein Ausrei­se­hin­dernis für Ausländer

Das einem "de-facto-Vater" als Bezugsperson eines Kindes nach Zivilrecht eingeräumte Umgangsrecht (§ 1685 Abs. 2 BGB) begründet nach einer Entscheidung des 13. Senats des Verwal­tungs­ge­richtshofs Baden-Württemberg (VGH) vom 22.11.2006 kein rechtliches Ausrei­se­hin­dernis und ermöglicht es daher nicht, einem ausrei­se­pflichtigem Ausländer aus diesem Grund eine Aufent­halt­s­er­laubnis zu erteilen.

Der Antragsteller, ein Staats­an­ge­höriger von Serbien-Montenegro albanischer Volks­zu­ge­hö­rigkeit, reiste 1998 als Bürger­kriegs­flüchtling in das Bundesgebiet ein und heiratete anschließend eine serbische Staats­an­ge­hörige. Nach dem Scheitern dieser Ehe zog er mit einer deutschen Frau zusammen, die aus einer früheren Ehe ein Kind hat. Der Antragsteller meint, ihm stehe aufgrund der zwischen­zeitlich zum Kind dieser Frau entwickelten „Vater-Kind-Beziehung“ ein zivil­recht­liches Umgangsrecht zu, was ein rechtliches Ausrei­se­hin­dernis begründe.

Dieser Auffassung ist der VGH - ebenso wie das Verwal­tungs­gericht Stuttgart - nicht gefolgt. Zwar könne einem vollziehbar ausrei­se­pflichtigen Ausländer nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufentG eine Aufent­halt­s­er­laubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich sei und mit dem Wegfall des Ausrei­se­hin­der­nisses in absehbarer Zeit nicht gerechnet werden könne. Auch sei es in der Rechtsprechung anerkannt, dass der grundgesetzlich gebotene Schutz der Familie ein solches rechtliches Ausrei­se­hin­dernis begründen könne.

Der grund­ge­setzliche Schutz der „Familie“ setze jedoch immer eine bestehende Eltern-Kind-Beziehung voraus und knüpfe als Ausgangspunkt an eine rechtliche oder biologische (tatsächliche) Vaterschaft an. Bei einem Lebensgefährten der Kindsmutter fehle es - anders als z.B. bei Pflege- oder Stiefeltern - an einer solchen verfas­sungs­rechtlich geschützten Famili­en­be­ziehung. Zwar habe der Gesetzgeber in § 1685 Abs. 2 BGB eine spezielle Vorschrift für den Umgang des Kindes mit anderen Bezugspersonen als den eigentlichen Verwandten geschaffen; dieser erweiterte privat­rechtliche Familienbegriff sei jedoch verfas­sungs­rechtlich nicht geschützt und könne daher auch kein rechtliches Abschie­bungs­hin­dernis begründen. Das Verwal­tungs­gericht habe daher zu Recht den Antrag des Antragstellers auf Aussetzung der Abschiebung abgelehnt.

Auszug aus dem Gesetz:

Erläuterungen

BGB § 1685 - Umgang des Kindes mit anderen Bezugspersonen -

Abs. 1 Großeltern und Geschwister haben ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn dieser dem Wohl des Kindes dient.

Abs. 2 Gleiches gilt für enge Bezugspersonen des Kindes, wenn diese für das Kind tatsächliche Verantwortung tragen oder getragen haben (sozial-familiäre Beziehung). Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung ist in der Regel anzunehmen, wenn die Person mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat.

AufenthG § 25 - Aufenthalt aus humanitären Gründen -

Abs. 1-4 .....

Abs. 5 Einem Ausländer, der vollziehbar ausrei­se­pflichtig ist, kann abweichend von § 11 Abs. 1 eine Aufent­halt­s­er­laubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausrei­se­hin­dernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufent­halt­s­er­laubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufent­halt­s­er­laubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staats­an­ge­hö­rigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausrei­se­hin­dernisse nicht erfüllt.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VGH Baden-Württemberg vom 18.12.2006

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