14.11.2024
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Dokument-Nr. 298

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Entscheidung15.03.2005BundesgerichtshofVI ZR 356/03
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Bundesgerichtshof Entscheidung15.03.2005

Keine Haftung nach §§ 44 ff. Luftver­kehrs­gesetz für „Schnupperflüge“ potentieller Flugschüler

Der VI. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs hatte über die Frage zu entscheiden, ob der Halter und Führer eines Flugzeuges unter den erleichterten Voraussetzungen der §§ 44 ff. Luftver­kehrs­gesetz haftet, wenn ein Mitflieger, der die Flugei­gen­schaften des Luftfahrzeugs kennen lernen möchte, während eines sogenannten „Schnupperfluges“ zu Schaden kommt.

In dem zugrun­de­lie­genden Fall hatte der Ehemann bzw. Vater der Kläger die Gelegenheit wahrgenommen, anläßlich eines „Tages der offenen Tür“ des Drachen­s­portclubs W. in einem Ultra­leicht­flugzeug kostenlos mitzufliegen, um die Flugei­gen­schaften des Luftfahrzeugs kennen zu lernen. Er war bereits aktiver Drachenflieger und hatte erwogen, eine Pilote­n­aus­bildung für den entsprechenden Flugzeugtyp zu beginnen. Das Ultra­leicht­flugzeug stürzte aus nicht aufgeklärten Gründen ab. Dabei kamen beide Insassen (Flugzeughalter und –führer und der Ehemann bzw. Vater der Kläger) ums Leben. Die Kläger verlangen von den unbekannten Erben des Flugzeughalters und -führers, vertreten durch den Beklagten als Nachlaßpfleger, Schadensersatz.

Die Vorinstanzen haben der Klage im wesentlichen stattgegeben, weil der Verstorbene auch dann, wenn er bei dem „Schnupperflug“ möglicherweise das Fliegen habe erlernen wollen und deshalb auf dem dem Piloten vorbehaltenen Vordersitz gesessen habe, nicht zum fliegenden Personal gehört habe, sondern „Fluggast“ im Sinn des § 44 Luftver­kehrs­gesetz gewesen sei.

Dem ist der Bundes­ge­richtshof nicht gefolgt. Die Frage, ob der Verstorbene Fluggast im Sinne des Luftver­kehrs­ge­setzes gewesen ist, konnte hierbei offen bleiben. Im Streitfall fehlt bereits die für die Haftung des Luftfracht­führers nach dem Luftver­kehrs­gesetz notwendige Voraussetzung, daß der Flug der Beförderung der Insassen dient. Denn Grund für das vermutete Verschulden des Luftfracht­führers im Falle eines Flugunfalls ist dessen Obhuts­ver­hältnis zum Flugzeug­in­sassen, der sich ihm zum Zwecke der Beförderung anvertraut. Die Haftung nach dem Luftver­kehrs­gesetz greift deshalb nur in den Fällen ein, in denen dieses Interesse im Vordergrund steht und sich der Flugzeuginsasse nur deshalb hinsichtlich der technischen Bewältigung des Fluges dem Luftfracht­führer anvertraut. Steht hingegen die flugsportliche Betätigung im Vordergrund, während die Beförderung ein zwar notwendiger, aber unselbständiger Faktor für den Flug ist, entsprechen die diesen Flügen zugrun­de­lie­genden Rechts­ver­hältnisse regelmäßig nicht einem Beför­de­rungs­vertrag. Die Haftungs­er­leich­te­rungen nach dem Luftver­kehrs­gesetz kommen nicht demjenigen zugute, der die technische Seite des Fliegens und die Bewältigung der damit verbundenen Gefahren kennenlernen will und deshalb einen Flug unternimmt. Im Streitfall kommt aus diesem Grund nur eine Haftung nach den allgemeinen Vorschriften in Frage. Da es hierzu bislang an Feststellungen fehlt, ist die Sache insoweit an das Berufungs­gericht zurückverwiesen worden.

Hinweis auf die Vorinstanzen: LG Hildesheim - 4 O 371/02 ./. OLG Celle – 14 U 48/03

Quelle: Pressemitteilung Nr. 47/2005 des BGH vom 15.03.2005

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