Dokument-Nr. 22537
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- RRa 2016, 32Zeitschrift: Reiserecht aktuell (RRa), Jahrgang: 2016, Seite: 32
Amtsgericht Frankfurt am Main Urteil18.03.2015
Minderung des Flugpreises um 50 % aufgrund mangelnder Sitzfreiheit wegen übergewichtigen VordermannsÜberschreitung des technisch vorgesehenen Bewegungsspielraums der Sitzlehne
Wird durch einen übergewichtigen Fluggast die Sitzlehne über den technisch vorgesehenen Bewegungsspielraum derart zurückgebogen, dass dadurch die Beinfreiheit des Hintermanns leidet, so kann dieser die Minderung des Flugpreises verlangen. Bei einem Langstreckenflug kommt dabei eine Minderung um 50 % in Betracht. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Frankfurt am Main hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Fluggast machte nach einem Langstreckenflug gegen die Fluggesellschaft eine Minderung des Flugpreises geltend. Hintergrund dessen war, dass durch den übergewichtigen Vordermann die Sitzlehne fünf bis zehn Zentimeter weiter zurückgebogen wurde als technisch vorgesehen. Dem Fluggast war es daher unter anderem nicht möglich zu schlafen. Da sich die Fluggesellschaft weigerte ein Minderungsrecht anzuerkennen, kam der Fall vor Gericht.
Anspruch auf Minderung des Flugpreises wegen unzureichender Beinfreiheit
Das Amtsgericht Frankfurt am Main entschied zu Gunsten des Fluggastes. Dieser habe den Flugpreis angesichts der unzureichenden Beinfreiheit um 50 % mindern dürfen, da darin ein Mangel im Sinne von § 633 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BGB zu sehen gewesen sei.
Unzureichender Sitzabstand nicht stets Mangel
Es sei nach Ansicht des Amtsgerichts aber zu beachten, dass grundsätzlich nicht jede Unzulänglichkeit bei Service und Komfort einen Mangel darstelle. Insbesondere Fluggäste mit überdurchschnittlicher Körpergröße müssen damit rechnen, dass ihren Bedürfnissen gerade in niedrigen Beförderungsklassen nicht ausreichend Rechnung getragen werden könne.
Vorliegen eines Mangels bei eingeschränkter Sitzfreiheit durch technische Mängel
Es genüge aber wiederum nicht, so das Amtsgericht, dass die Fluggesellschaft den Fluggast irgendwie von A nach B bringe. Der Fluggast dürfe vielmehr davon ausgehen, dass er einen Sitzplatz zugewiesen bekomme, der ihm ein Mindestmaß an Bewegungsfreiheit erlaube. Dies gelte insbesondere bei Langstreckenflügen. Ein Fluggast müsse zudem nicht damit rechnen, dass eine Sitzlehne aufgrund materialschwäche bei einem übergewichtigen Passagier weiter zurückbiegt als technisch vorgesehen. Dadurch werde die von einem Flugpassagier zu verlangende Toleranz hinsichtlich der Beinfreiheit überschritten.
Fluggesellschaft muss mit übergewichtigen Fluggästen rechnen
Eine Fluggesellschaft müsse nach Auffassung des Amtsgerichts damit rechnen, dass übergewichtige Fluggäste die Sitze stärker beanspruchen. Übergewichtige Personen seien keine Seltenheit. Eine Ausnahme könne nur bei massiv übergewichtigen Fluggästen gemacht werden. Ein solcher Fall habe hier jedoch nicht vorgelegen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 28.04.2016
Quelle: Amtsgericht Frankfurt am Main, ra-online (zt/RRa 2016, 32/rb)
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